Deutsche Behörden mahlen langsam - Computerbetrug und die Realität der Justizbehörden

    • Deutsche Behörden mahlen langsam - Computerbetrug und die Realität der Justizbehörden

      Hallo,


      Ich möchte gerne etwas zu Straftaten übers Internet sagen, hat zwar nicht direkt mit dem Fall zu tun, aber eben mit den Ermittlungsbehörden. Ich habe eine Zeit lang bei einem Rechtsanwalt gearbeitet und solche Fälle öfters mal durchleuchtet. Ganze Akten konnte ich durchlesen und so erfahren, was die Behörden machen.

      Ich kann euch nur eins sagen: Erhofft euch nicht zu viel von der deutschen Behörde! Ganze Akten werden monatelang unbearbeitet liegengelassen, auch wenn der Betrüger weiterhin bei ebay oder sonst wo weitere Kunden abzieht. Sofern euch die realen Daten des Betrügers bekannt sind, zivilrechtlich vorgehen!

      Die Akten werden hin- und hergesendet, niemand fühlt sich zuständig. Auf Beschwerden erhält man dann häufig die Nachricht, dass man völlig unterbesetzt sei usw. usw. Wenn aber ein Konzern geschädigt wird, z. B. durch Fälschungen, dann laufen die Ermittlungen oftmals schneller.

      Ganze Banden aus dem Ausland kommen nach Deutschland, um hier Straftaten zu begehen. Aktuell schaffen die es dank der deutschen Strafbehörden auch. In U-Haft kommen die wenigstens. Die finden schon Wege, um dort rauszukommen. Danach hauen sie ins Ausland wieder ab.


      Es sollte eine Petition gestartet werden, damit das völlig veraltete Strafgesetzbuch in Deutschland überarbeitet wird. Es ist wirklich leicht, mit Straftaten in Deutschland reich zu werden! Da muss die Regierung endlich was dagegen unternehmen.

      Redaktion: OT-Beitrag aus Thread separiert
      auktionshilfe.info/thread/12622
    • Ich will dir sicher nicht widersprechen, dass deutsche Ermittlungsbehörden vielfach lange Dienstwege haben, die dann zu unbefriedigenden Ergebnissen führen können. So wie du es aber schilderst, ist mir die Kritik doch zu pauschal, um daraus etwas ablesen zu können.

      Und:

      douglas schrieb:

      Es sollte eine Petition gestartet werden, damit das völlig veraltete Strafgesetzbuch in Deutschland überarbeitet wird.
      Ja, was ist denn nun für dich das Problem? Die unzureichende Gesetzeslage oder deren konsequente Anwendung. Wenn es die Gesetze sind, dann mach doch mal ganz konkrete Beispiele, was sich am StGB ändern sollte. Eine Petition ohne konkrete Maßnahmen und Ziele ist doch wenig zielführend.
      „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Voltaire

      Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.
    • Hmmm... also nach deinen (durchaus berechtigten) Beschwerden wäre die Lösung ziemlich einfach: Die entsprechenden Behörden (Staatsanwaltschaften, Polizei, Richter) endlich mit genügendem Personal auszustatten.
      Dazu fehlt es aber an... klar: Knete. Bzw. man ist nicht gewillt, überflüssige Geldvernichtung zu stoppen (man braucht ja nur mal in die Schwarzbücher des Steuerzahlerbunds zu schauen) oder, wie immer wieder gefordert, bei Steuergeldverschwendung die Verantwortlichen zur Kasse zu bitten. Lieber führt man die "bewährte Praxis" weiter fort (zum Beispiel die PPP-Projekte, deren Schüsse immer nach hinten losgehen), verkloppt das Tafelsilber oder schmeisst einfach so das Geld zum Fenster raus (BER, Stuttgart 21 und Elbphilharmonie nur als bekannteste Beispiele).

      Und wer dann aber nachher wegen steigender Steuerbelastung Beschwerden loslässt, sollte sich lieber vorher entscheiden was er will...
    • Was an der deutschen Gesetzgebung bzw Strafverfolgung in erster Linie dringend geändert werden muss, ist das Problem, daß die Strafverfolgung bzw Ermittlung reine Ländersache ist und jede Ermittlung an der Grenze zum nächsten Bundesland endet. Das ist im Internet-Zeitalter gradezu steinzeitlich und völlig sinnlos.
      Die einschlägigen Internet-Straftäter sind Serientäter mit ständig wechselnden Bankkonten und Identitäten. Beim online-Betrug sitzt in der Regel kein real existierender Täter an einer festen Adresse, für die eine bestimmte Polizeidirektion zuständig ist. In den meisten Fällen hängen Dutzende von Betrugsfällen nur über ein bei allen verwendetes Bankkonto zusammen, das zumeist auch noch mit gefakten Daten eröffnet wurde.
      Ermittlungsbeamte haben aber nur Zugriff auf Ermittlungsvorgänge, die im eigenen Bundesland laufen. Wenn in NRW eine Anzeige eingeht, bei der auf Konto xxx überwiesen wurde, hat der aufnehmende Beamte keine Chance zu sehen, daß in Brandenburg, Hamburg, Hessen und Bayern bereits Kollegen Anzeigen bearbeiten, bei denen auf dasselbe Konto überwiesen wurde. Der aufnehmende Beamte in NRW wird die Anzeige also erstmal an den vermeintlichen Wohnort den "Verkäufers" weiterleiten. Von dort kommt sie 2-3 Monate später wieder zurück, weil der Verkäufer dort nicht existiert oder es sich um einen gehackten Account handelte. Die Dienststelle an dieser Adresse erklärt sich also für nicht zuständig.
      Als nächstes wird der Beamte in NRW dann versuchen, von der Bank Informationen zum Kontoinhaber zu bekommen. Was kaum einer weiß: Das lassen sich die meisten Banken bezahlen! Jede polizeiliche Anfrage bei der Postbank zB kostete schon vor sechs Jahren 18 EUR, die vom Steuerzahler zu berappen sind und den Gesamtetat der Dienststelle belasten. Und das Absurde daran ist, daß Ermittler in jedem Bundesland die gleiche Anfrage zum selben Konto stellen müssen, weil die Beamten überhauptkeine Möglichkeit haben, festzustellen, daß die gewünschten Informationen woanders längst vorliegen :wallbash
      Wenn der Beamte, der die Anzeige des Geschädigten in NRW aufgenommen hat, dann Wochen später von der Postbank die Info erhält, daß das Bankkonto mit einer Adresse in Berlin geführt wird, schickt er seine Anzeige also an die dort zuständige Direktion. In Berlin stellt man fest, daß es den Kontoinhaber an der genannten Adresse nicht gibt. Also erklärt man sich umgehend für nicht zuständig und schickt alle Anzeigen, die nach ca 4-6 Monaten (!!) aus ganz Deutschland dort eintrudeln, postwendend wieder zurück an die einzelnen Dienststellen an den Wohnorten der Geschädigten.
      Auf diesen Dienststellen ist die Anzeige ein Einzelfall. Die Ermittlungen werden nunmehr eingestellt.
      Daß in Wirklichkeit allein bei diesem Bankkonto evtl ein Schaden in mehrfach 5stelliger Höhe entstanden ist, wird ebensowenig bekannt wie die Tatsache, daß das Bankkonto in Berlin mit einem oder mehreren anderen Bankkonten ( die vielleicht in Köln und Frankfurt eröffnet wurden ) in Verbindung steht, die zum Teil verschiedenen Käufern beim selben gehackten Account genannt wurden.

      Bereits vor 8 Jahren gab es in Deutschland Pläne, deshalb eine zentrale Dienststelle für bundesweite Ermittlungen zu jeder Art von online-Kriminalität ins Leben zu rufen. Bis heute scheint man allerdings über die Feststellung, daß eine solche Dienststelle benötigt wird, nicht hinausgekommen zu sein.
      Ohne eine bundesweit zuständige Ermittlungstruppe für Internetkriminalität, die ähnlich wie die Bundespolizei nicht ländergebunden, sondern bundesweit operiert, ist im Grunde genommen jeder Versuch, gegen Internetstraftäter vorzugehen, in Deutschland von vornherein zum scheitern verurteilt.
      Erst wenn jede Anzeige, die sich auf Internetkriminalität bezieht, von der aufnehmenden Wache ohne Zeitverlust direkt an eine einzige zentrale Dienststelle für derartige Delikte weitergeleitet werden kann, machen entsprechende Ermittlungen überhaupt irgendeinen Sinn !