Gefälschte Markenware - Deckungskauf, ggf. weiterer Schadenersatz

    • Gefälschte Markenware - Deckungskauf, ggf. weiterer Schadenersatz

      Hallo zusammen
      vorab: Ich kaufe sehr viel auf ebay oder dem zugehörigen Kleinanzeigenportal von privat. Viel Designerklamotten, Uhren, Markenstifte usw.. Mir ist schon bewusst, dass es dabei viele Risiken gibt, jedoch kenne ich mich ganz gut aus und in den meisten Fällen läuft das problemlos ab.Auch weiß ich, dass ich mit Paypal zahlen und ebenfalls besser von Händlern kaufen sollte wegen Widerrufsrecht. Diesbezüglich benötige ich bitte keine Tipps :)

      Jetzt hatte ich einen Fall, in dem mir ein falsches T-Shirt für 30 Euro (Neupreis des Artikel ist ca. 200 Euro) verkauft wurde. Der Verkäufer wollte den Artikel nicht zurücknehmen - eigentlich wollte ich das Shirt nur zurück schicken und die 30 Euro wieder haben - und hat mir darüber hinaus noch "rotzfrech" zurück geschrieben. Also habe ich das Mahnverfahren gestartet und einige Kenntnisse gewonnen. Zunächst ein Gutachten über die Echtheit erstellen lassen, dann Fristsetzung für Nachlieferung, Rücktritt vom Kaufvertrag, Verschicken eines Mahnbescheid (gegen den Einspruch eingelegt wurde) Antrag für Gerichtsverfahren, Verfassung Klageschrift bis ich endlich zu meinem Titel kam. Anschließend Gerichtsvollzieher.

      Einen Anwalt habe ich nicht genommen, da man ja nie weiß, ob bei der Gegenseite Geld zu holen ist.

      Jetzt ist es so, dass der Verkäufer am Ende zwar inkl. der Ganzen Gebühren über 300 Euro (also 10x so viel) zahlen musste. Nur hilft mir dies nicht weiter, da es sehr kompliziert ist zu seinem Recht zu kommen und ich mehrere Stunden für die Verfassung der Dokumente inkl. Dokumentation, Fahrten zum Postamt etc. aufwenden musste. Letztendlich habe ich dann ja nur 30 Euro (also den Kaufpreis inkl. Porto) behalten können und den Rest an Gebühren für Mahnbescheid, Gerichtskosten, Gutachten, Porto etc. aufwenden müssen.

      Es wäre leider deutlich einfacher gewesen die 30 Euro mit anderweitiger Arbeit zu verdienen. Aber ich wollte den Verkäufer nicht mit seiner Masche durchkommen lassen.

      Jetzt frage ich mich, in wie weit ich das Verfahren verbessern könnte. Konkret interessiert mich Folgendes:

      (1) Kann ich z. B. die Zeit die ich aufgrund dieses umfangreichen Rechtsprozesses aufwenden muss als Schadenersatz geltend machen? Ich bin selbstständig und arbeite normal für einen Stundensatz von 60 Euro. Wenn ich einen Brief verfasse, wie viel kann ich außer dem Porto für den Einschreibebrief, z. B. für Briefpapier und Tinte ansetzen? Gibt es dazu Gerichtsurteile? Was kann man sonst noch ansetzen was rechtlich zulässig ist?

      (2.1) Ich habe gelesen, dass Deckungskäufe ebenfalls als Schadenersatz geltend gemacht werden können. In dem oben geschilderten Fall. Wenn ich das T-Shirt nicht gebraucht erwerben kann, weil es eben am Markt keines dergleichen gibt, kann ich dieses dann für 200 Euro im Laden kaufen und das Geld als Schadenersatz einklagen? Falls ja, wie läuft das. Wird der Kaufvertrag des gefälschten Artikels Zug-um-Zug rückabgewickelt und ich klage auf 170 Euro Schadenersatz?

      (2.2.) Wie sieht die Rechtslage aus, wenn ich ein T-Shirt des selben Herstellers mit einem ähnlichen Design gebraucht kaufe, z. B. für 100 Euro. Wäre das überhaupt noch ein Deckungskauf? Sollte ich in dem Fall besser das neue (siehe 2.1.) für 200 kaufen?


      Vielen Dank vorab für eure Einschätzung!
    • carlcromwell schrieb:

      (1) Kann ich z. B. die Zeit die ich aufgrund dieses umfangreichen Rechtsprozesses aufwenden muss als Schadenersatz geltend machen? Ich bin selbstständig und arbeite normal für einen Stundensatz von 60 Euro. Wenn ich einen Brief verfasse, wie viel kann ich außer dem Porto für den Einschreibebrief, z. B. für Briefpapier und Tinte ansetzen? Gibt es dazu Gerichtsurteile? Was kann man sonst noch ansetzen was rechtlich zulässig ist?
      Ein Anwalt hätte bei 30€ Streitwert für deine Vertretung ab Mahnbescheid bis einschließlich Gerichtstermin etwa 190 € bekommen, egal wie lange er an der Klageschrift schreibt oder der Termin dauert. Darin ist auch die Pauschale von 20€ für Porto etc. bereits enthalten. Über die 300€ hinaus, die der Beklagte ja deinen Angaben zufolge bereits zahlen müsste, dürfte da nichts mehr zu holen sein.

      Siehe auch hier: gutefrage.net/frage/schreibkos…ngemessen-im-mahnbescheid
    • carlcromwell schrieb:

      Kann ich z. B. die Zeit die ich aufgrund dieses umfangreichen Rechtsprozesses aufwenden muss als Schadenersatz geltend machen?

      Nein.


      carlcromwell schrieb:

      Wenn ich einen Brief verfasse, wie viel kann ich außer dem Porto für den Einschreibebrief, z. B. für Briefpapier und Tinte ansetzen?

      Nichts.

      Bzw. 4,5 ct. für Tinte (Herstellerangaben für Reichweite nutzen, wenn du eine findest! ) und 0,8 ct. für Papier (3,99 / 500 Blatt). Dauert länger, das auszurechnen, als man was davon hat. ;)


      carlcromwell schrieb:

      Gibt es dazu Gerichtsurteile?

      Nicht wirklich, die Konstenanträge gehören zum selben Verfahren und werden vom Rechtspfleger und nicht vom Richter entschieden entschieden. Es ist eher selten, daß daraus ein Verfahren entsteht und noch seltener, daß es (wegen des geringen Streitwerts) durch die Instanzen geht. Grundsätzlich kriegst du nichts, was nicht gesetzlich geregelt ist. Du kannst allenfalls eine dem Zeugengeld analoge Entschädigung für deine Anwesenheit im Termin bekommen, das ist im JVEG geregelt.

      dejure.org/gesetze/JVEG

      Als Selbständiger ist die Entschädigung 3,50 Euro pro Stunde analog §20 (das ist nicht dein Verdienstausfall, kannst ja wannanders arbeiten stattdessen!), als Hausfrau/-mann gibt es 14,- analog §21 für Nachteile bei der Haushaltsführung (falls du nur nebenberuflich selbständig sein solltest). Fahrtkosten (analog §5) kannst du natürlich auch geltend machen. Und alles, was du für die beizubringenden Beweise ausgegeben hast, sind natürlich auch Verfahrenskosten.

      Wenn dir meine Antwort nicht reicht, frag im Rechtspflegerforum nach.

      rechtspflegerforum.de/

      Ich habe an Weihnachten nämlich keine Lust auf Quellensuche zu gehen und verweise deshalb schlicht darauf, daß ich das in eigener Sache vor zwei drei Jahren mal ausführlich durchrecherchiert habe, als ich mich ebenfalls selbst vertreten habe. Ist kein einziger zusätzlicher Cent rauszuholen.


      carlcromwell schrieb:

      In dem oben geschilderten Fall. Wenn ich das T-Shirt nicht gebraucht erwerben kann, weil es eben am Markt keines dergleichen gibt, kann ich dieses dann für 200 Euro im Laden kaufen und das Geld als Schadenersatz einklagen?

      Das kommt darauf an. Wenn es "wie neu", "neuwertig" o.ä. beschrieben war, sicherlich. Wenn es deutlich gebraucht war, wirst du vielleicht nur einen angemessenen Anteil an der Ersatzbeschaffung geltend machen können.


      carlcromwell schrieb:

      Wird der Kaufvertrag des gefälschten Artikels Zug-um-Zug rückabgewickelt und ich klage auf 170 Euro Schadenersatz?

      Nein, der Vertrag wird nicht rückabgewickelt (und auch nicht gekündigt!), er bleibt ja gerade bestehen und wird durch die Ersatzbeschaffung erfüllt. Schadenersatz ist korrekt, Ersatzbeschaffungspreis weniger gezahlter Betrag, zzgl. der sonstigen Aufwendungen natürlich (Stichwort Rückporto). Den alten Fummel kannst du dann zurückschicken, wenn du aufgefordert wirst. Oder du bietest die Übergabe einfach nur an ("liegt hier zur Abholung für Sie bereit, bite äußern Sie sich..."). Bei einem Gerichtstermin mit persönlicher Anwesenheit bringt man das Teil clevererweise gleich mit und erledigt die Übergabe.



      carlcromwell schrieb:

      Wie sieht die Rechtslage aus, wenn ich ein T-Shirt des selben Herstellers mit einem ähnlichen Design gebraucht kaufe, z. B. für 100 Euro.

      Ist das der im Kaufvertrag vereinbarte Artikel? Nein? Dann ist es im Zweifel dein Privatvergnügen. Ich würde Interpretationsspielraum sehen, wenn das Design identisch wäre, aber z.B. ne andere Auflage (anders Erscheinungsjahr im Ettikett oder so). Das Design dürfte aber das wesentliche Merkmal einer solchen Ware sein.



      carlcromwell schrieb:

      Sollte ich in dem Fall besser das neue (siehe 2.1.) für 200 kaufen?

      Denke ich schon, hängt aber wie gesagt vom konkreten Kaufvertrag ab.

      Dieser Beitrag wurde bereits 4 mal editiert, zuletzt von pandarul ()

    • Vielen Dank euch beiden.

      Ich habe nach meiner "Weihnachtsshoppingsession" wieder zwei neue Kandidaten. Gefälschte Ware verkauft und die Verkäufer sind uneinsichtig und wollen es nicht zurück nehmen und behaupten weiter es sind Originale. Habe bereits die Gutachten beauftragt und versuche es diesmal mit Deckungskauf und Schadenersatz. Beide Artikel wurden als "Neu" beworben, einmal sogar unter Angabe des angeblichen Neupreises.

      Werde berichten!