Internetauktion gilt auch bei vorzeitigem Abbruch - LG Detmold 10 S 163/11

    • Internetauktion gilt auch bei vorzeitigem Abbruch - LG Detmold 10 S 163/11

      Quelle: heise.de/newsticker/meldung/In…igem-Abbruch-1471972.html
      14.03.2012 15:25
      Bei Internetauktionen kann der Anbieter einen Verkauf weit unter Wert nicht durch Abbruch der Versteigerung verhindern. Das hat das Landgericht Detmold in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil entschieden (Az.: LG Detmold 10 S 163/11) und damit einem Käufer zu einem Wohnwagen zum Schnäppchenpreis von 56 Euro verholfen. Die Verkäuferin muss das Fahrzeug, das eigentlich einen Wert von etwa 2000 Euro hat, herausgeben. Zwischen den Parteien sei ein wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen, urteilte das Gericht.

      Die Verkäuferin hatte den Wohnwagen (Baujahr 1993) im vergangenen Jahr über ein Internetauktionshaus angeboten, Mindestgebot: 1 Euro. Bereits am zweiten Tag brach sie aber die Auktion ab, weil ihr Lebensgefährte den Wohnwagen anderweitig verkaufen wollte. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt mit 56 Euro der Höchstbietende und pochte auf die Herausgabe des Wohnwagens. Die Beklagte hingegen erklärte, für sie sei die Sache mit dem Abbruch der Auktion erledigt.

      In erster Instanz hatte bereits das Amtsgericht Detmold betont, dass mit dem Angebot das Einverständnis des Verkäufers einhergeht, das höchste wirksam abgegebene Kaufangebot anzunehmen. Mit dem gleichen Argument wies das Landgericht die Berufung der Verkäuferin ab. Es würde dem Wesen einer Versteigerung widersprechen, wenn der Kaufvertrag nur dann verbindlich wäre, wenn auch ein "angemessener" Preis erzielt werde.

      Abgebrochene Internetauktionen waren zuvor schon Gegenstand von Gerichtsverfahren. So entschied 2004 das Landgericht Coburg, dass eine Auktion auch dann nicht abgebrochen werden kann, wenn sich der Anbieter bei der Preisangabe der versteigerten Ware angeblich geirrt hat. Wenn aber eine angebotene Ware während der Auktion verlorengeht, dann ist der Abbruch zulässig, urteilte voriges Jahr der Bundesgerichtshof. (mit Material von dpa) / (anw)

      BGH: Abbruch einer eBay-Auktion bei Verlust der Ware berechtigt

      Quelle: heise.de/newsticker/meldung/BG…e-berechtigt-1257896.html
      09.06.2011 11:34

      Wer Waren bei eBay zum Verkauf anbietet, die er gar nicht besitzt, kann eine Menge Ärger bekommen. Wer das Produkt verliert, während die Auktion schon läuft, aber auch. Diese Erfahrung hat jetzt ein Mann gemacht, der von einem Bieter auf Schadensersatz verklagt wurde, nachdem er eine Auktion vorzeitig beendet hat. Der Fall wurde aktuell vor dem Bundesgerichtshof verhandelt und ging für den Beklagten doch noch glimpflich aus (Az.: VIII ZR 305/10).

      Der Mann hatte am 23. August 2009 eine gebrauchte Digitalkamera nebst Zubehör bei eBay eingestellt, die Auktion sollte sieben Tage dauern. Am nächsten Tag hat er die Auktion allerdings vorzeitig beendet und damit einen der Bieter schwer verärgert. Dieser war mit einem Gebot von 70,00 Euro zu diesem Zeitpunkt der Höchstbietende. Er verklagte den Besitzer der Digitalkamera auf Schadensersatz und forderte die Summe zwischen seinem Gebot und dem von ihm angenommenem Verkehrswert der Kamera nebst Zubehör. Dagegen wehrte sich der Beklagte: Ihm sei nichts anderes übrig geblieben, als die Auktion schon am zweiten Tag vorzeitig zu beenden, da ihm das Kameraequipement just zu diesem Zeitpunkt gestohlen worden war. Das wollte der Höchstbietende allerdings nicht so recht glauben.

      Nun hat eBay klare Richtlinien für den Auktionsablauf bzw. auch eine vorzeitige Angebotsbeendigung festgelegt. So heißt es im § 10 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter anderem: "Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn, der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen." Als Grund für eine vorzeitige Angebotsbeendigung wird in den weiteren Richtlinien zudem auch der Verlust des angebotenen Artikels genannt.

      Auf dieser doch eigentlich schon recht eindeutigen Basis haben sowohl das Amtsgericht, als auch das Landgericht die Klage auf Zahlung von 1.142,96 Euro nebst Zinsen und Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten zurückgewiesen. Auch die dagegen gerichtete Revision des Klägers vor dem BGH hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Berechtigung zur Angebotsrücknahme nach § 10 Abs. 1 Satz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay auch im Fall eines Diebstahls des angebotenen Artikels besteht. Denn auch dieser falle unter den "Verlust des Verkaufsgegenstandes“, der bei eBay ja genannt wird. Hierdurch sei für alle Auktionsteilnehmer ersichtlich, dass der Verkäufer nach den für die Auktion maßgeblichen "Spielregeln" berechtigt ist, auch im Falle des Abhandenkommens durch Diebstahl sein Angebot vorzeitig zu beenden. (Marzena Sicking) / (map)
      Also wenn Abbruch, dann amtlich beglaubigt klauen lassen. :cursing:
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      Kaum macht man es richtig, schon funktioniert es.

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Walter Reinhold ()

    • Walter Reinhold schrieb:

      Also wenn Abbruch, dann amtlich beglaubigt klauen lassen. :cursing:
      Ganz genau das. Wenn etwas gestohlen wird, was macht man dann ? Richtig: zur Polezente und die Stahldiebe wegen Diebstahl anzeigen. Schon hast Du deine amtliche Beglaubigung.


      Was mir an dem heise-Artikel missfällt ist der letzte Absatz.

      Wenn aber eine angebotene Ware während der Auktion verlorengeht, dann ist der Abbruch zulässig, urteilte voriges Jahr der Bundesgerichtshof.
      Der ist in dieser Form so was von unqualifiziert falsch, dass ich wieder mal weiss, warum ich auf Presseartikel hin nichts zu einem Urteil sage. Wer das nun liest und sich auf das "verlorengeht" konzentriert fällt damit ziemlich sicher auf die Fresse, denn "verlorengeht" liegt, anders als "geklaut", in der Verantwortlichkeit des Verkäufers. Soll heissen: wer Pech hat, kriegt dann zwar bestätigt, dass er nicht liefern muss weil verlorengegangen, hat aber trotzdem einen Kaufvertrag an der Backe und ist ersatzpflichtig. Schliesslich hat er die Sache des Höchstbieters verbummelt, die sich nur derzeit noch in seiner Obhut befunden hat. Was ich jetzt schreibe ist zwar juristisch nicht korrekt, aber vielleicht kommt Otto-Normalverbraucher besser damit klar: Abbrechen kann man, wenn man an der Lieferung durch höhere Gewalt tatsächlich verhindert bist. Also Einbruch, Sturmflut, Feuersbrunst, Erdbeben, Pest, Cholera, Vodralbra...

      Wenn schon nicht direkt das Urteil im Volltext (derzeit nicht verfügbar) oder wenigstens die offizielle Pressemeldung des Gerichts (PDF), dann lieber irgendeine Anwaltsseite oder einem entsprechenden Blog verlinken, diese Quellen haben wenigstens so einigermaßen Ahnung von dem was sie da schreiben. So ein heise-Redakteur dagegen hat - soweit ich das hier an dem unqualifizierten Nachsatz den sich alle Juristen aus gutem Grund verkniffen haben mal wieder sehe - allenfalls die Befähigung, falsch aus dem Netz abzuschreiben.

      Kommentar zum Urteil gibts, wenn ich es im Volltext mal gesehen habe. Bisher scheint aber nichts wirklich neues drinzustehen.
      Wenn Dir ein ebay-Mitarbeiter die Hand gibt und "Guten Tag" sagt, sind folgende drei
      Wahrheiten als self-evident zu erachten und als sicher gegeben anzusehen:

      1.) Zähle nicht nur deine Finger nach, sondern auch deine Hände. So Du welche hast auch die Füße.
      2.) Draussen ist es mitten in der Nacht und dunkel wie im Bärenarsch.
      3.) Der einzige Lichtschein dringt aus den Pforten der Hölle, die sich geöffnet haben weil die Welt untergeht.
    • aber es gibt hier im forum doch einen user (name eines britischen musikers) der bei solchen themen vehement behauptet, das abbrechen einer bebotenen auktion sei in fast allen fällen möglich solange es nicht in den letzten 12 stunden der auktion geschiet.

      wie passt das denn nun zusammen? kenn mich in dem bereich überhaupt nicht aus und würd mich freuen wenn mich da noch jemand aufklären könnte :love:

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von Metalic () aus folgendem Grund: leicht verschrieben

    • Ganz allein???

      Hallo,

      man gebe bei google ein: BGH VIII ZR 305/10,

      der erste Eintrag verweist auf dejure.de,dort auf bundesgerichtshof.de klicken und den vollständigen Urteilstext lesen und (nach Möglichkeit)begreifen.

      Mal sehen,wer dann "ganz allein" da steht.

      petergabriel

      P.S.:Abbruch wegen parallelem oder anderweitigem Verkauf geht natürlich nicht;habe ich auch nie behauptet.
    • petergabriel schrieb:

      P.S.:Abbruch wegen parallelem oder anderweitigem Verkauf geht natürlich nicht;habe ich auch nie behauptet.

      Ich gebe Dir (und den anderen) jetzt mal was zu bedenken. Bei Dir schätze ich, dass Du verstehst, was ich meine.

      Nach stehender Rechtssprechung, die auch vom BGH in seinem Urteil weiter getragen wurde und auch weiterhin so geurteilt wird ist zu trennen, ob
      1.) noch weiterhin ein Kaufvertrag besteht und ob
      2.) aus diesem Kaufvertrag eine Lieferverpflichtung entstanden ist.

      Zunächst mal ist dabei von Bedeutung, wie bei ebay der Kaufvertrag zustandekommt. Grundsätzlich kommt ein Vertrag zustande durch Angebot und Annahme. Bei ebay ist das Einstellen der Auktion nach Definition der AGB das Angebot (für die Juristen: die offerta ad incertas) und das Höchstgebot die Annahmeerklärung. Einer gesonderten Annahmeerklärung bedarf es dazu dann nicht mehr, da die "Verkehrssitte" auf ebay das mit dem Klick aufs Knöpfchen "Gebot Bestätigen" auf der Zwischenseite als gegeben erachtet.

      Mit der ersten Frage hat sich der BGH beschäftigt, als es darum ging, unter welchen Umständen eine ebay-Auktion so abgebrochen werden darf, dass dabei der Vertrag aufgelöst wird. Wenig beleuchtet hat er aber den Grundsatz des Verschuldens, das den Verkäufer trifft. Genau da liegt aber der Hund begraben. Kommt der Artikel nun durch Diebstahl abhanden, wie in dem Fall geschehen, ist dem Verkäufer dies nicht anzulasten, hier handelt es sich um einen rechtswidrigen Eingriff in sein Vermögen, der dazu führt, das der Artikel weg ist. Er darf daher das Angebot tatsächlich beenden und es kommt kein Kaufvertrag zustande.

      Kommt der Artikel aber - sagen wirs mal so - durch Schlamperei des VK abhanden bzw geht verloren, dann haben wir keinen rechtswidrigen Eingriff in das Vermögen des Verkäufers durch einen Dritten sondern einen Umstand, der dem Verkäufer direkt zuzurechnen ist und den er schuldrechtlich auch zu vertreten hat. Das selbe gilt natürlich auch, wenn der Verkäufer (bzw seine LaBG) den Artikel bereits anderweitig verkauft hat.

      In diesem Fall hat, simpel gesagt, der Verkäufer über den Artikel des Höchstbieters verfügt bzw seine Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Verwahrung fremden Eigentums verletzt. So - und nun wirds kompliziert. ;)

      Denn wenn der Artikel verloren gegangen ist, kann der Verkäufer natürlich nicht liefern. Trotzdem hat er das Problem, dass er einen Kaufvertrag hat. Steht so in den ebay-AGB. Es bleibt ihm also die Möglichkeit, den Vertrag entweder anzufechten oder vom Vertrag zurückzutreten.

      Eine Anfechtung ist dann möglich, wenn er sich beim Einstellen über die Beschaffenheit des Artikels geirrt hat (Eigenschaftsirrtum also z.B. die grüne Hose ist eine rote Ampel) oder wenn er eine solche Erklärung gar nicht abgeben wollte (Inhaltsirrtum Klassiker: 1-Euro Sofortkauf statt Auktion).

      Nur hat der Verkäufer dann sofort das nächste Problem. Nämlich den §122 BGB. Die Schadensersatzpflicht, die sich dann ergibt, wenn der Irrtum nicht so offensichtlich ist, dass der Käufer das merken müsste. Also zum Beispiel der 100000-Euro-Lamborghini für ein Euro Sofortkauf - das müsste eigentlich jedem einleuchten, dass da was schief gelaufen ist. Daher kommt der Sofortkauf-Irrtum da meistens ohne Ersatzpflicht raus.

      Hat der VK aber die besagte rote Ampel als grüne Hose eingestellt (mit Hosenfoto) oder - naheliegender - einen Artikel versehentlich zweimal eingestellt, ist das ein Irrtum, der dem unvoreingenommenen Beobachter nicht auffallen kann. Der VK kann dann zwar immer noch den Vertrag nach §119 BGB anfechten, es besteht aber dann eine Schadensersatzpflicht nach §122 BGB, da der Höchstbieter hier keine Anzeichen dafür erkennen konnte, dass er auf die Vertragserklärung nicht vertrauen durfte.

      "Verschlampert" in allen seinen Ausprägungen einschliesslich "Frau hats verkauft" "Hund hats gefressen" und "Ist mir heute nacht in die Brezelmaschine gefallen" dagegen ist kein Irrtum nach §119 BGB. Der VK wollte beim Einstellen des Artikels ja die Erklärung abgeben dass er den Artikel an den Höchstbietenden verkauft. Auch hat er sich beim einstellen nicht über eine wesentliche Eigenschaft des Artikels geirrt, "verschlampert" wurde er ja erst nachdem der Verkäufer mit der Abgabe seiner Willenserklärung begonnen hatte. (Logisch, denn für das Foto muss er den Artikel noch haben, es sei denn er fotografiert das klassische Messer ohne Klinge bei dem der Griff fehlt)

      Eine Anfechtung des Vertrages ist demnach aus diesen Gründen ausgeschlossen. Die Folge ist aber, dass weiterhin ein rechtskräftiger Vertrag besteht. Von dem kann der Verkäufer nun natürlich zurücktreten. Oder er kann leisten. In so weit schützt ihn der §275 vor überzogenen Leistungsforderungen des Käufers, wenn dieser z.B. das Billig-T-Shirt beim Juwelier kauft, der ihm dann dafür statt der reellen 2 Euro lässige 2000 abknöpft. Nur trifft der Verkäufer hier noch schneller auf Gegenwehr im BGB. Braucht der §119 noch drei Paragraphen bis zum Schadensersatz hüpft der §275 gleich mit dem nächsten Paragraphen in die Ersatzverpflichtung. Dass er dann zum Ersatz eines Schadens verpflichtet ist, ergibt sich dann ganz zwanglos aus §280 I BGB: Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

      Und damit ist die Katze gestriegelt: kein Schadensersatz dann, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Hat er bei "verschlampert" aber. Hat er nur nicht bei "geklaut". Deshalb kommt der BGH in seinem Urteil zu dem Urteil ;) dass bei der gestohlenen Kamera der Vertrag aufgelöst werden konnte ohne dass eine Leistungsverpflichtung des Verkäufers besteht.
      Wenn Dir ein ebay-Mitarbeiter die Hand gibt und "Guten Tag" sagt, sind folgende drei
      Wahrheiten als self-evident zu erachten und als sicher gegeben anzusehen:

      1.) Zähle nicht nur deine Finger nach, sondern auch deine Hände. So Du welche hast auch die Füße.
      2.) Draussen ist es mitten in der Nacht und dunkel wie im Bärenarsch.
      3.) Der einzige Lichtschein dringt aus den Pforten der Hölle, die sich geöffnet haben weil die Welt untergeht.