BGH: Niedriger Ebay-Startpreis ist kein Anzeichen für eine Fälschung

    • BGH: Niedriger Ebay-Startpreis ist kein Anzeichen für eine Fälschung

      BGH: Niedriger Ebay-Startpreis ist kein Anzeichen für eine Fälschung

      Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein niedriger Startpreis bei einer Internetauktion kein Anzeichen dafür ist, dass es sich bei dem Angebot um eine Fälschung handelt. In dem konkreten Fall hatte der Angeklagte ein angebliches Handy der Luxusmarke Vertu bei einem Startgebot von 1 Euro auf Ebay eingestellt. Der Kläger ersteigerte es für 782 Euro, verweigerte dann aber die Annahme mit der Begründung, es handele sich um ein Plagiat. Schließlich klagte er auf Schadensersatz von mehr als 23.000 Euro, also die Differenz zum Kaufpreis für ein echtes Gerät der Nokia-Tochter.

      Sowohl das Landgericht Saarbrücken als auch das Oberlandesgericht Saarbrücken widersprachen ihm. Sie entschieden, er hätte wissen müssen, dass es sich um eine Fälschung handelt. Darauf hätte der niedrige Startpreis der Auktion hingewiesen. Dem widersprach der Bundesgerichtshof nun und verwies den Fall zurück an das Oberlandesgericht Saarbrücken.

      Der bei Internetauktionen erzielbare Preis ist laut dem BGH völlig unabhängig vom Startpreis, von dem deshalb nicht auf den Wert des angebotenen Gegenstands geschlossen werden kann. Dort muss jetzt geprüft werden, ob aus dem Auktionsangebot auf ein Originalgerät zu schließen war. Damit kann der Käufer weiter auf Schadensersatz hoffen.

      Quelle: heise.de/newsticker/meldung/BG…e-Faelschung-1485169.html


      Eine Entscheidung, die von Bedeutung werden könnte!

      Sollte das OLG Saarbrücken dem Käufer den Schadensersatz zusprechen, wovon man aber nach der BGH-Entscheidung nicht unbedingt ausgehen kann, dann dürfte es für die vielen Plagiat-Verkäufer eng werden. Aber auch so hat diese Entscheidung eine entsprechende Signalwirkung. Der Verbraucherschutz wird mit dieser Entscheidung enorm gestärkt.

      Sie sollte eine Warnung für alle sein, die es als Kavaliersdelikt ansehen, ein Plagiat als Original zu beschreiben und zu verkaufen.


      Der Pressebericht vom BGH zu dieser Entscheidung:
      VIII ZR 244/10

      LG Saarbrücken - Urteil vom 21. August 2009 - 12 O 75/09

      OLG Saarbrücken - Urteil vom 26. August 2010 - 8 U 472/09 -122

      Der Kläger verlangt von der Beklagten aufgrund eines zwischen den Parteien auf der Internetplattform eBay abgeschlossenen Kaufvertrages Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

      Die Beklagte bot auf der Internetplattform eBay im Rahmen einer Auktion unter Hinzufügung eines Fotos ein Handy zum Verkauf unter der Bezeichnung "Vertu Weiss Gold" ohne Festlegung eines Mindestpreises zu einem Startpreis von 1 € an. Zur Beschreibung heißt es in dem Angebot, dass der Zustand gebraucht sei. Außerdem teilte die Beklagte dazu Folgendes mit:

      "Hallo an alle Liebhaber von Vertu

      Ihr bietet auf ein fast neues Handy (wurde nur zum ausprobieren ausgepackt). Weist aber ein paar leichte Gebrauchsspuren auf (erwähne ich ehrlichkeit halber). Hatte 2 ersteigert und mich für das gelb goldene entschieden. Gebrauchsanweisung (englisch) lege ich von dem gelb goldene bei, das andere habe ich auch nicht bekommen. Dazu bekommt ihr ein Etui, Kopfhörer und Ersatzakku. Privatverkauf, daher keine Rücknahme. Viel Spaß beim Bieten."


      Der Kläger gab ein Maximalgebot von 1.999,- € ab und erhielt für 782,- € den Zuschlag. Die Annahme des seitens der Beklagten angebotenen Handys verweigerte er mit der Begründung, dass es sich um ein Plagiat handele. Der Kläger hat behauptet, dass ein Original des von der Beklagten angebotenen Handys 24.000 € koste. Die auf Zahlung von 23.218 € Schadensersatz (24.000 € abzüglich des Kaufpreises von 782 €) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

      Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Nach dem Vorbringen des Klägers sei der geschlossene Vertrag bereits gemäß § 138 Abs. 1 BGB* als wucherähnliches Rechtsgeschäft nichtig, da der Wert des Handys das Maximalgebot des Klägers um ein Vielfaches (hier das Zwölffache) übersteige und dieses besonders grobe Missverhältnis den Schluss auf die verwerfliche Gesinnung des Klägers als Begünstigten zulasse.

      Unabhängig davon hätten die Parteien bei Vertragsschluss auch keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB**) dahingehend getroffen, dass Kaufgegenstand ein Originalhandy der Marke Vertu sei. Die Angaben der Beklagten in dem Angebot rechtfertigten nicht die Annahme, die Beklagte habe die Beschaffenheit des Handys als Original des Herstellers Vertu beschrieben und der Kläger habe dies auch so verstanden. Gegen eine derartige Beschaffenheitsvereinbarung spreche vor allem, dass die Beklagte es zu einem Startpreis von 1 € angeboten habe, obwohl ein Originalhandy – nach der Behauptung des Klägers – einen Wert von 24.000 € habe. Ein derart niedriger Startpreis stehe der konkludenten Vereinbarung einer Beschaffenheit als Original jedenfalls dann entgegen, wenn ein solches Original einen den festgesetzten Startpreis ganz erheblich übersteigenden Wert habe, der Käufer Kenntnis von dem Wert habe und der Verkäufer die Kaufsache nicht ausdrücklich als Original bezeichne.

      Aber selbst bei Annahme eines Sachmangels scheide ein Schadensersatzanspruch des Käufers aus, weil dieser den Mangel infolge grober Fahrlässigkeit verkannt habe (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB***). Es sei erfahrungswidrig, dass ein Handy mit einem – wie vom Kläger behaupteten – derart hohen Wert zu einem Startpreis von 1 € angeboten werde. Bei einem solchen Angebot habe für den Kläger der Verdacht naheliegen müssen, dass es sich bei dem angebotenen Handy nicht um ein Original handele.

      Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

      * § 138 BGB: Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

      (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.



      ** § 434 BGB: Sachmangel

      (1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. …

      *** § 442 BGB: Kenntnis des Käufers

      (1) Die Rechte des Käufers wegen eines Mangels sind ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Ist dem Käufer ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, kann der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.
      Quelle: juris.bundesgerichtshof.de/cgi…r=59151&linked=pm&Blank=1


      Das Urteil wird hier folgen: juris.bundesgerichtshof.de/cgi…8&nr=59758&pos=18&anz=682
    • Die Argumentation des BGH ist ja soweit nachvollziehbar ...

      Aber der ganze Fall nicht so wirklich ?(

      Es geht wahrscheinlich aus der Meldung nicht hervor, aber: Hat denn der Kläger das Handy überhaupt bezahlt und gesehen ??? Klingt nicht danach.

      Wenn dem so ist, wie kommt es dann dennoch zu einer Verhandlung? Sollte sowas nicht einfach wegen "groben Unfugs" abgewiesen werden?

      Dann weiter: Hat sich der Kläger denn schon für die "mehr als € 23.000" ein Ersatzgerät beschafft? Wenn nein (so klingt der Bericht), worauf begründet sich der Schadensersatzanspruch? Noch wäre ja gar kein Schaden entstanden ...

      Klingt alles ziemlich seltsam ...
      ---

      "Wo ein scheiß Wille ist, da ist, Gott verdammt, auch ein scheiß Weg." (Don Logan)
    • Drapondur schrieb:

      Dann weiter: Hat sich der Kläger denn schon für die "mehr als € 23.000" ein Ersatzgerät beschafft? Wenn nein (so klingt der Bericht), worauf begründet sich der Schadensersatzanspruch? Noch wäre ja gar kein Schaden entstanden ...

      Wenn ich mich nicht irre, muss der Käufer das gar nicht. Ihm steht auch ohne Ersatzkauf die Differenz zum Marktwert als Schadensersatz zu. Andernfalls wäre bei Einzelstücken kein Anspruch auf Schadensersatz möglich. Frage mich aber nicht, wie man bei Einzelstücken den Marktwert ermittelt.
      „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Voltaire

      Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.
    • Das steht doch im ersten Post: VIII ZR 244/10
      „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Voltaire

      Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.