Angepinnt Finanzagenten / Was ist ein Finanzagent / eine Finanzagentin ?

  • Finanzagenten / Was ist ein Finanzagent / eine Finanzagentin ?

    Im Zusammenhang mit Betrug im Internet, insbesondere auf der eBay-Plattform oder den Kleinanzeigen, sind immer wieder sogenannte Finanzagenten im Spiel.

    Sofern es sich bei dem Kontoinhaber um eine real existierende Person handelt, wurde diese vermutlich als sogenannter "Finanzagent" von den eigentlichen Tätern angeworben, siehe auch
    http://www.polizei-beratung.de/themen-un…r-opfer-an.html
    de.wikipedia.org/wiki/Finanzagent
    antigeldwaesche.de/Straftaten/Finanzagent.html

    Der Kontoinhaber wird in diesem Fall vermutlich vom Betrugsverdacht freigsprochen bzw die betreffenden Ermittlungen gegen ihn werden eingestellt, da er selbst keine tatsächlichen Betrugsabsichten hatte. Eine Strafverfolgung wegen Geldwäsche liegt im Ermessen des zuständigen Staatsanwaltes, häufig kommt es unabhängig von der Einstellung der Betrugsermittlungen aufgrund dieses Deliktes später doch noch zu einem Verfahren gegen den Kontoinhaber.

    Wichtig für die betrogenen Käufer ist aber Folgendes:

    :!: Die Einstellung der Betrugsermittlungen hat keinerlei Einfluss auf die zivilrechtliche Haftung des Kontoinhabers :!:
    Dh, für den Schaden, der den betrogenen Käufern entstanden ist, muss der Kontoinhaber trotzdem aufkommen,
    auch wenn dieser sich vermutlich mit der Ausrede des "unschuldigen Opfers" davor drücken will.

    In jedem Fall müssen die betrogenen Käufer sich aber um die Wiedererlangung ihres Geldes auf dem zivilrechtlichen Weg selbst kümmern.
    Dh, zunächst muss die Polizei erstmal bei der Bank Name + Anschrift des Kontoinhabers ermitteln. Diese wird sie dem Anzeigenerstatter allerdings in aller Regel nicht von selbst mitteilen, der betrogene Käufer sollte also regelmässig alle 4 Wochen bei der zuständigen Dienststelle nachfragen, ob es bereits Ermittlungsergebnisse zum Kontoinhaber gibt.

    Sofern sich der Kontoinhaber tatsächlich als eine real existierende Person herausstellen sollte, schickt man dem Kontoinhaber schriftlich, vorzugsweise per Einschreiben, eine Rückzahlungsforderung mit realistischer Fristsetzung ( konkretes Datum, bis wann die Rückzahlung erfolgt sein muss, ca 14 Tage in der Zukunft ) sowie den eigenen Kontodaten. Der Käufer kann auch eine Telefonnummer mit angeben, um dem Kontoinhaber eine direkte Kontaktaufnahme zum Gläubiger möglich zu machen, evtl ist der ja gewillt, zB in Raten zurückzuzahlen, wenn er zur kompletten Zahlung nicht in der Lage ist, einen entsprechenden Hinweis kann der Gläubiger bereits in seine Rückzahlungsforderung mit aufnehmen.
    Merke: Möglicherweise ist eine Ratenzahlung besser als garkeine Zahlung, sofern der Kontoinhaber überhaupt reagiert.
    Am Schluss des Schreibens sollte in jedem Fall die Ankündigung eines zivilen Mahnverfahrens stehen, das dann über einen Vollstreckungsbescheid zum Besuch des Gerichtsvollziehers führt. Sollte auf die Rückzahlungsforderung seitens des Kontoinhabers bis zum Ablauf der gesetzten Frist überhauptkeine Reaktion erfolgen, leitet man das zivile Mahnverfahren ein, siehe auch
    http://www.mahngerichte.de/verfahren/ver…uf/mbantrag.htm
    Bei Widerspruch gegen den Mahnbescheid durch den Kontoinhaber muss der Gläubiger Zivilklage auf Schadensersatz beim Amtsgericht einreichen. An dieser Stelle sollte von in solchen Sachen unerfahrenen Personen dann ein Anwalt hinzugezogen werden. Vorher ist ein Anwalt hingegen eigentlich nicht nötig.

    Sammelklagen oder ähnlichen Unfug gibt es nicht in Deutschland,
    den zivilen Rechtsweg muss jeder Geschädigte in eigenem Namen und für sich selbst durchziehen. Einen Anwalt braucht man dafür zunächst nicht. Wer keine Rechtschutzversicherung hat oder eine mit Selbstbeteiligung, sollte bedenken, daß im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Kontoinhabers die Kosten des Mahnverfahrens erstmal vom Gläubiger zu tragen sind, ein Anwalt verursacht da anfangs nur unnötige Zusatzkosten !
    Wer allerdings eine Rechtschutzversicherung ohne Selbstbeteiligung hat, kann das Ganze gleich von Anfang an einem Anwalt überlassen und braucht sich damit nicht mehr herumzuärgern.

    Die Wahrscheinlichkeit, daß es sich um eine finanziell eher schlechtgestellte Person handelt, ist relativ groß, Finanzagenten wollen sich ja in der Regel etwas dazuverdienen. Ausserdem ist der Schaden in vielen Fällen relativ groß. Der Kontoinhaber wird also höchstwahrscheinlich nicht sofort und alles zurückzahlen können, sofern er sich überhaupt kommunikativ bzw kooperativ zeigt. Es ist in diesem Fall häufig erfolgversprechender, dem Kontoinhaber eine moderate Ratenzahlung anzubieten, die er möglicherweise über einen längeren Zeitraum aufbringen kann, als auf sofortiger kompletter Rückzahlung zu bestehen und garnichts zu bekommen. Sofern es gelingt, mit dem Kontoinhaber in Kontakt zu kommen, sollte also eine solche Ratenzahlung als Möglichkeit eventuell erwogen werden, allerdings natürlich mit dem energischen Hinweis, daß im Falle einer nichtbezahlten Rate die Vereinbarung hinfällig ist und sofort das Mahnverfahren erfolgt. Auch sollte eine eventuelle Ratenvereinbarung natürlich schriftlich, auf echtem Papier und mit Originalunterschrift festgehalten werden.

    Aber wie gesagt: Dazu müsste der Kontoinhaber erstmal überhaupt auf die Rückzahlungsforderung reagieren.
    Erfahrungsgemäß neigen Finanzagenten, ebenso wie Verkaufsagenten und andere angeworbene Helfer in Betrugsfällen, allerdings erstmal zur Vogel-Strauß-Politik oder zur Verneinung jedweder Verantwortung für den angerichteten finanziellen Schaden.
    Und da die geschädigten Käufer in ca 95% aller Fälle zu faul sind, sich um die Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche tatsächlich zu kümmern, kommen sie damit meistens sogar noch ganz gut durch.

    Betrogene Käufer, die ihre zivilrechtlichen Ansprüche tatsächlich durchsetzen wollen, sollten dann allerdings keine Zeit verlieren, denn je mehr Zeit vergeht, desto schlechter wird vermutlich die finanzielle Situation des Finanzagenten. Andere betrogene Käufer machen evtl ebenfalls Ansprüche geltend ( da gilt also evtl, "wer zuerst kommt, mahlt zuerst" ) und spätestens, wenn es nach 12 - 18 Monaten zu einem Strafverfahren wegen Geldwäsche kommt, droht dem eh schon klammen Kontoinhaber ausser seinen Prozesskosten dann in der Regel sinnloserweise auch noch eine hohe Geldstrafe, die die Situation noch aussichtsloser macht...
  • In der Regel ist einem Finanzagenten zunächst garnicht klar, daß er als solcher angeworben und damit in irgendeine kriminelle Handlung verstrickt wurde.
    Sie bewerben sich auf irgendwelche dubiosen "Stellenangebote" bei den Kleinanzeigen oder noch schlimmer, auf irgendwelche Spam-Mails in gebrochenem Deutsch, die ungefragt in ihrem Postfach gelandet sind. Manchmal kommen die betrügerischen Jobangebot auch auf ein entsprechendes eigenes Stellengesuch, das derjenige ins Net gestellt hat. Mit den zum Teil irrwitzigsten Geschichten wird dem Jobsuchenden erklärt, warum er für eine angeblich große Firma Geld entgegennehmen und das dann aufs "Firmenkonto" weiterleiten soll. In anderen Fällen soll er entweder Bitcoins oder einfach an der nächsten Tankstelle Paysafe-Cards kaufen und die Codes weiterleiten. Manchmal wird auch eine Firma im Ausland vorgeschoben, dann soll der Finanzagent das aus Deutschland eingehende Geld evtl mit Western Union weiterschicken. Der Finanzagent ahnt jedenfalls in aller Regel nicht, daß das Geld von Käufern kommt, die grade bei einem Kauf im Internet betrogen werden.

    Wenn diese Käufer dann Betrugsanzeige erstatten, richten sich die Ermittlungen der Polizei sehr schnell gegen den Inhaber des Bankkontos, denn einen real existierenden "Verkäufer" gibt es da ja meistens garnicht. Entweder war das ein gehackter eBay-Account oder Verkäufe mit völlig frei erfundenen Daten.
    Wenn der Kontoinhaber dann plausibel dar- und belegen kann, daß er selbst weder die Betrugsangebote eingestellt noch das Geld behalten noch gar irgendeine Betrugsabsicht hatte, werden die Ermittlungen wegen Betruges gegen ihn in der Regel eingestellt, da es am dafür notwendigen Vorsatz fehlt.
    Trotzdem hat er sich strafbar gemacht, nämlich der fahrlässigen Geldwäsche. Die Verfolgung und Ahndung dieses Deliktes liegt dann im Ermessen des Staatsanwaltes.

    Daß er keine Betrugsabsichten hatte und dieser Vorwurf seitens der Ermittlungsbehörden fallengelassen wurde, heißt aber nicht, daß die Sache damit für den Finanzagenten einfach erledigt ist.
    Die strafrechtlichen Aspekte der Angelegenheit haben mit der zivilrechtlichen überhauptnichts zu tun. Strafrecht und Zivilrecht sind in Deutschland zwei völlig verschiedene Dinge. Und da haftet der Kontoinhaber für den durch seine bodenlose Dämlich- bzw Fahrlässigkeit entstandenen Schaden der Käufer, die Geld auf sein Konto überwiesen haben.
    Ich gebe mal 2 Beispiele, um das etwas zu verdeutlichen:

    1.
    Wenn Du beim Einparken versehentlich eine Beule in das Auto Deines Nachbarn fährst, dann wirst Du zwar nicht wegen Sachbeschädigung vor Gericht gestellt, denn Du hast das ja nicht absichtlich und mit Vorsatz gemacht. Aber für den Schaden, der am Auto des Nachbarn entstanden ist, musst Du trotzdem aufkommen.

    2.
    Wenn Dein Nachbar sich jetzt zum Beispiel über die Beule trotzdem so ärgert, daß er aus Boshaftigkeit eine Kleinanzeige aufgibt, in der er behauptet, ein iPhone zu liefern, wenn der Käufer 500 EUR auf Dein Bankkonto überweist, dann macht der sich strafbar, nicht Du. Aber die 500 EUR, die ein Fremder auf Dein Konto überwiesen hat, die darfst Du natürlich trotzdem nicht behalten. Du darfst es auch nicht dem Nachbarn geben, damit der dann das iPhone liefert oder die 500,- EUR evtl an den Absender oder wen auch immer zurückgibt. Da hilft auch kein "Ja aber der Nachbar (oder Kater Karlo oder Phantomás) hat doch gesagt..." sondern für Geld, das auf Deinem Bankkonto eingeht, egal warum und von wem, bist Du und nur Du allein verantwortlich.

    Und genauso gilt das auch für angeworbene Finanzagenten.