Aktuelle Charlie Hebdo Zeitschrift...

    • Schützin schrieb:

      Ich kann auch über "Das Leben des Brian" nicht lachen. Obwohl ich weder religiös noch gläubig bin, überschreitet sowas meiner Meinung nach einfach Grenzen, die jeder Mensch erkennen sollte, ohne daß man ein Verbot ausspricht.

      Schützin schrieb:

      Und die Millionen von tiefgläubigen Christen, die sich von "Das Leben des Brian" und anderen Verunglimpfungen ihres Glaubens tief beleidigt fühlen und entsprechend dagegen protestieren, haben das tatsächlich ausschließlich verbal getan.

      Dem kann ich nicht folgen. Ich kenne in meinem Umfeld nur positive Resonanz auf diesen Film, auch unter Christen. Er ist von Christen gemacht, die sich selbst ein wenig aufs Korn nehmen. Er zeugt von Selbstreflektion. Natürlich wird man es nie allen Recht machen können, insbesondere den konservativen Kräften einer Kirche oder Religion nicht. Aber sollen die als Maßstab dienen? Dann müssen wir auch das Zölibat, die Jungfreulichkeit vor der Ehe, der Verzicht auf Verhütung jeglicher Kritik entziehen. Was sind dann unsere Maßstäbe? Sicher nicht eine Kirche oder Religion, die im Namen Allahs zum heiligen Krieg aufruft und Morde begeht oder eine Kirche, die Kinderschänderei zu vertuschen versucht. Da sollte man doch mehrfach vor der eigenen Tür kehren, bevor man sich über Karikaturen echauffiert.

      Ich kann leider immer noch nicht nachvollziehen, was die jüngsten Proteste nach der letzte Ausgabe von Charlie Hebdo ausgelöst hat. Das Deckblatt interpretiere ich als ein Art versöhnliche Geste. Doch man bekommt das Gefühl, dass jegliches Äußerung über Mohammed von den radikalen Moslems als Vorwand genommen wird, den Hass weiter zu schüren.
      „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Voltaire

      Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.
    • biguhu schrieb:

      Ich kann leider immer noch nicht nachvollziehen, was die jüngsten Proteste nach der letzte Ausgabe von Charlie Hebdo ausgelöst hat.
      Du beantwortest dich selbst:

      biguhu schrieb:

      Doch man bekommt das Gefühl, dass jegliches Äußerung über Mohammed von den radikalen Moslems als Vorwand genommen wird, den Hass weiter zu schüren.



      Ich KANN es nicht glauben, dass die Leute, die dort auf die Strassen gehen, überhaupt jemals eine Karikatur oder die Zeitschrift gesehen haben. Die haben noch nichtmal was davon gehört. Wie in der Vergangenheit bei den Protesten auch....

      Da werden Menschen instrumentalisiert... und zwar durch genau die Drahtzieher, die auch hinter dem Terror stehen.



      Zum "Das Leben des Brian" pflichte ich dir bei. Das ist eine - wie auch die anderen Monty Python"-Filme, eine wirkliche Satire auf uns selbst.....
    • biguhu schrieb:


      Dem kann ich nicht folgen. Ich kenne in meinem Umfeld nur positive Resonanz auf diesen Film, auch unter Christen. Er ist von Christen gemacht, die sich selbst ein wenig aufs Korn nehmen. Er zeugt von Selbstreflektion.

      Ich kenne in meinem persönlichen Umfeld überhauptkeine zeitgenössische Resonanz auf den Film, den gabs damals nicht im Fernsehen, meine Eltern gingen nicht ins Kino und ich war vermutlich noch etwas zu jung. Aber ich bin alt genug, um mich an die Diskussionen in den Medien zu erinnern. Selbige waren gelinde gesagt hochemotional...
      Ich zitiere einfach mal Wikipedia zu dem Thema:
      Die Satire zielt auf den Dogmatismus religiöser und politischer Gruppen. Insbesondere christliche, aber auch jüdische Vereinigungen reagierten mit scharfen Protesten auf die Veröffentlichung.
      Die folgenden Aufführungsboykotte und -verbote in Ländern wie den USA, Großbritannien oder Norwegen fachten die Kontroverse um Meinungsfreiheit und Blasphemie weiter an. Obwohl der Vorwurf der Blasphemie von praktisch allen Seiten entkräftet wurde, ist die Satire nach wie vor bei strenggläubigen Christen umstritten und gilt aufgrund ihrer rezeptionsgeschichtlichen Bedeutung als Paradebeispiel für die Reibungspunkte zwischen künstlerischer Meinungsfreiheit und Religionstoleranz.


      Natürlich wird man es nie allen Recht machen können, insbesondere den konservativen Kräften einer Kirche oder Religion nicht. Aber sollen die als Maßstab dienen? Dann müssen wir auch das Zölibat, die Jungfreulichkeit vor der Ehe, der Verzicht auf Verhütung jeglicher Kritik entziehen. Was sind dann unsere Maßstäbe? Sicher nicht eine Kirche oder Religion, die im Namen Allahs zum heiligen Krieg aufruft und Morde begeht oder eine Kirche, die Kinderschänderei zu vertuschen versucht. Da sollte man doch mehrfach vor der eigenen Tür kehren, bevor man sich über Karikaturen echauffiert.
      Selbstverständlich kann und sollte man über Inhalte einer Religion diskutieren. Oder über die Interpretation bestimmter Aspekte ( wie zB das Zölibat, das irgendwie der Natur an sich widerspricht und auch nicht zu "seiet fruchtbar und mehret euch" passt ). Nur kommt es mE auf die Art der Kritik und der Diskussion an. Kritik, die den Gegenstand der Diskussion ins Lächerliche zieht, zielt offensichtlich nicht auf eine sachliche Diskussion, sondern auf Provokation ab.
      Ironie, Sarkasmus und Verunglimpfung führen schon in Diskussionen um weit weniger emotionale Themen regelmäßig zu Unsachlichkeit und Eskalation.

      Ich kann leider immer noch nicht nachvollziehen, was die jüngsten Proteste nach der letzte Ausgabe von Charlie Hebdo ausgelöst hat. Das Deckblatt interpretiere ich als ein Art versöhnliche Geste. Doch man bekommt das Gefühl, dass jegliches Äußerung über Mohammed von den radikalen Moslems als Vorwand genommen wird, den Hass weiter zu schüren.
      Du willst jetzt nicht wirklich sagen, daß Du das Titelbild tatsächlich für eine "versöhnliche Geste" hältst ?!
      Nachdem weltweit seit langem eben auch nichtradikale Moslems mehr als deutlich gemacht haben, daß sie lächerliche kleine Bildchen ihres Propheten als persönlichen Affront empfinden, soll ein ebensolches Bild jetzt versöhnen ?

      Die Terroristen wird es in ihrem blinden Hass auf die ganze westliche Welt mit Sicherheit nicht versöhnen.
      Wen also soll es dann versöhnen? Die gemäßigten Muslime, die ihre Abscheu gegen den Massemmord bereits zum Ausdruck brachten? Die verärgert es allenfalls. Bei denen wird das Bild hoffentlich nicht gleich "Hass schüren". Aber zumindest Bitterkeit auslösen.
      Eine Karikatur ist keine "Äußerung über Mohammed". Und verärgert sind darüber eben nicht nur radikale Islamisten, die hassen sowieso grundsätzlich die gesamte westliche Welt, ohne dafür eigentlich überhaupt noch einen Grund zu brauchen.
      Ich frage mich nur, ob es sein muss, auch die restlichen 1,499... Milliarden Muslime zu brüskieren.
      Welchen Sinn und Zweck sollen diese Karikaturen haben? Wenn ich irgendetwas "kritisiere", bedeutet das in der Regel, daß ich möchte, daß sich etwas ändert. "Charlie Hebdo" allerdings tut alles dafür, daß ein Dialog von westlicher Welt und den gemäßigten Muslimen so wirkungsvoll wie möglich torpediert wird.

      Und dieses ganze Lamentieren um den "Angriff auf die Pressefreiheit" ist sowieso reine Polemik. Die Täter wollten morden. Und brauchten dazu
      irgendeinen Vorwand. Die Beleidigung des Propheten durch dieses Blatt war lediglich ein willkommener Aufhänger. Wenn es hier um einen "Angriff auf die Pressefreiheit" gegangen wäre, wie passt denn der jüdische Supermarkt ins Bild? Die Pressefreiheit interessiert diese Täter doch einen feuchten Kehrricht. Die wollen Hass schüren und Aufmerksamkeit erringen. Und beides ist ihnen weit über den Anschlag hinaus gelungen.

      Jeder dieser Anschläge verbreitert die Kluft zwischen der "Westlichen Welt" und "gemäßigten" Muslimen weiter. Trotzdem vermutlich jeder einzelne von ihnen über den Inhalt der bisherigen "Charlie Hebdo" Ausgaben innerlich verärgert ( aber nicht hasserfüllt ) war, sind spontan hunderte von Muslimen in Paris zum Redaktionsgebäude und später zur Kundgebung gekommen und haben zusammen mit Christen und Juden Seite an Seite dieses Morden verurteilt. Weil Mord und Terroranschläge nicht der Weg der großen Mehrheit der in Westeuropa lebenden Muslime ist, ihre Meinung auszudrücken. Dann sollte man aber umgekehrt auch zuhören und es respektieren, wenn sie schriftlich und mündlich mitteilen, daß sie sich durch derartige Zeichnungen beleidigt fühlen. Warum muss man dann immernoch wieder draufschlagen und weitere Karikaturen veröffentlichen ? Was hat das Bild der letzten Ausgabe von „Charlie Hebdo“ noch mit Satire und Kritik zu tun? Das war das pure "Jetzt erst recht". Und es war vorhersehbar. Für jeden. Von der ersten Minute nach dem Anschlag an war zu erwarten, daß auf dem nächsten Titelblatt eine Karikatur von Mohammed sein würde. Und das wussten mit Sicherheit auch die Auftraggeber der Attentäter. Die Mörder haben zwar jeden Bezug zur Realität verloren, aber zumindest die Strippenzieher und Planer dieser Terror-Organisationen sind intelligent. Und die sollen nicht geahnt haben, wie die Reaktion der Macher von "Charlie Hebdo" aussehen würde?
      Mag sein, daß die gehirngewaschenen wahnsinnigen Mörder selbst sich tatsächlich eingebildet haben, daß sie ihren Propheten rächen. Aber die, die sie losgeschickt haben, die waren vor allem auf genau diese vorhersehbare Reaktion aus: Die öffentliche Provokation aller Muslime in einer hundertmal größeren Auflage als je zuvor und mit weltweiter Beachtung.
      Dank Internet und moderner Medien dürften ca 90% aller 1,5 Milliarden Muslime dieses Titelblatt zu Gesicht bekommen haben. Und selbst wenn dabei nur bei jedem hunderttausendsten evtl das Samenkorn des Hasses aufgeht, sind das bereits über zehntausend (!) neue potentielle Kandidaten für ihre Gehirnwäsche und ihren Dschihad.

      Dieses Titelblatt war nicht versöhnlich, es war in erster Linie eine gewollte Provokation. Und das sowohl von den überlebenden Redaktionsmitgliedern als auch von den Tätern.
    • Ja, ja, das Ja, aber:

      "Weite Kreise des islamischen Fundamentalismus nehmen die Karikaturen nur zum Anlass, erneut mit aller Brutalität das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit niederzuknüppeln. Auch in Europa gibt es jetzt viele Stimmen, die sich zwar hübsch grundsätzlich zur Pressefreiheit bekennen, dann aber das berühmte »Ja-aber« anschließen: Aber bitte nicht zu heftig, bitte niemals jemanden verletzen. Schon gar nicht religiöse Menschen, die doch ihr festes dogmatisches Weltbild erhalten wollen. Auch Papst Franziskus hat sich so während seiner Asienreise in diesen Tagen in dem Sinne geäußert. So haben Beobachter den Eindruck: Religiöse und politische Führer in Europa wollen wieder bestimmen, was in der Presse gesagt werden darf und was nicht." - Christian Modehn

      Ich meine: Blasphemie tut dringend not. Soll der Aufwand der Jakobiner, tausende Pfaffen während der französischen Revolution an die Laternenpfähle geknüpft zu haben, völlig umsonst gewesen sein? Immerhin ein wichtiger Teil dessen, was heute als Aufklärung bezeichnet wird.

      Speziell für die Schützin: Louis CK learns about the Catholic Church youtube.com/watch?v=VABSoHYQr6k
      Zitat: "The catholic church is an ancient world wide organisation dedicated to the constant goal of fucking young boys".

      Ich finde, so kann man es durchaus sagen...
      "What I Found Over The Years Is That Lots Of People Don't Agree With Me" -Bill Maher
    • blue_ornament schrieb:

      Ich meine: Blasphemie tut dringend not. Soll der Aufwand der Jakobiner, tausende Pfaffen während der französischen Revolution an die Laternenpfähle geknüpft zu haben, völlig umsonst gewesen sein? Immerhin ein wichtiger Teil dessen, was heute als Aufklärung bezeichnet wird.

      Ich finde, Dein Beitrag kann so nicht stehenbleiben. Blasphemie ist zerstörerisch und selbstzerstörerisch. Das wurde schon während der franz. Revolution festgestellt und mit dem Satz von Vergniaud treffend auf den Punkt gebracht: "Die Revolution, gleich Saturn, frisst ihre eigenen Kinder."
      Wobei mit Saturn nicht der Planet, sondern der römische Gott gemeint war.
    • blue_ornament schrieb:


      Ich meine: Blasphemie tut dringend not. Soll der Aufwand der Jakobiner, tausende Pfaffen während der
      französischen Revolution an die Laternenpfähle geknüpft zu haben, völlig
      umsonst gewesen sein? Immerhin ein wichtiger Teil dessen, was heute als
      Aufklärung bezeichnet wird.

      So gesehen ist es dir frei, solche Meinung zu haben. Solange du sie nicht absolut siehst und
      anderen Menschen ihre Meinung auch lassen kannst. Sowie du sie noch dabei wertschätzen wirst.

      Ich persönlich empfinde diese Aussage als mehr als befremdlich...das ist meine freie Meinung.
      Natürlich spreche ich dir nicht dein Recht ab, solche Meinung zu haben.

      Denn die schlimmsten radikalen Fundementalisten, sind die "Freidenker", die letzendlich
      allen andersdenkenden die Menschlichkeit und ihre freie Meinung absprechen, wenn sie von
      der eigenen Meinung nur ein bißchen abweicht. Diese Menschen merken nicht mal,
      wie Starr sie in Ihren Vorurteilen sind, wenn etwas nicht zu ihren Weltbild passt.


      Dass gleiche wird ein guter Journalist machen - er wird nicht Artikel schreiben, nur
      um sich und die eigene Meinung zu artikulieren (ob Modehn diese Kurve noch kriegt
      ist mir mich eh fragwürdig, vor allem er lebt davon, wie er "die Wahrheit" den
      Leuten verkauft - wieder nur meine Meinung), sondern wird es
      vielschichtig und etisch korrekt machen. Und nicht absolut, sondern in dem Wissen,
      dass andere es auch anders sehen dürfen.
      ___________________________________________________________________________________
      Wir sind alle nur Laien-Kinder, die in dem Sandkasten der Gesetze rumspielen....
      Hobby: Eigene Beiträge editieren - am besten mehrmals... [Blockierte Grafik: http://www.animaatjes.de/smileys/smileys-und-emoticons/buro/smileys-buro-210389.gif]

      Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von werv ()

    • Schützin schrieb:

      Ich kenne in meinem persönlichen Umfeld überhauptkeine zeitgenössische Resonanz auf den Film, den gabs damals nicht im Fernsehen, meine Eltern gingen nicht ins Kino und ich war vermutlich noch etwas zu jung. Aber ich bin alt genug, um mich an die Diskussionen in den Medien zu erinnern. Selbige waren gelinde gesagt hochemotional...
      Ich zitiere einfach mal Wikipedia zu dem Thema:
      Die Satire zielt auf den Dogmatismus religiöser und politischer Gruppen. Insbesondere christliche, aber auch jüdische Vereinigungen reagierten mit scharfen Protesten auf die Veröffentlichung.
      Die folgenden Aufführungsboykotte und -verbote in Ländern wie den USA, Großbritannien oder Norwegen fachten die Kontroverse um Meinungsfreiheit und Blasphemie weiter an. Obwohl der Vorwurf der Blasphemie von praktisch allen Seiten entkräftet wurde, ist die Satire nach wie vor bei strenggläubigen Christen umstritten und gilt aufgrund ihrer rezeptionsgeschichtlichen Bedeutung als Paradebeispiel für die Reibungspunkte zwischen künstlerischer Meinungsfreiheit und Religionstoleranz.

      Da hast du offensichtlich andere Erfahrungen gemacht. Der Film wurde bei uns und auch anderen Schulen in den 80er Jahren, also kurz nach erscheinen im Englischunterricht geschaut. Wie immer, wenn Kunst an die Grenzen der Tabus geht, ist der Aufschrei bei konservativen Gruppierungen groß. Denke mal an die ersten Nacktszenen in Filmen und in der Werbung. Das schert heute genauso wenig wie "Das Leben des Brian". Wie ich bereits schrieb, wird es immer konservative und radikale Flügel geben, die jegliche Einmischung in ihre religiösen Empfindungen auf schärfste verurteilen.

      Ein Beispiel aus meiner eigenen Erfahrung: Ich hatte einst eine Kommilitonin, die war in irgend einer sehr orthodoxen christlichen Kirche. Ihre Mitglieder legten die Bibel wortwörtlich aus. Die Erde war demnach einige tausend Jahre alt, was man anhand der Generationen bis zu Adam und Eva abzählen konnte. Das Dilemma war allerdings: Jene Kommilitonin studierte Geologie! Sie lehnte mit uns auch jegliche Diskussion über diesen Widerspruch ab. Sie zog dann auch die Konsequenzen aus ihrem Glauben: Sie beendete das Studium, wandte sich aber der Geologie danach demonstrativ ab und lernte um. Mir ist es bis heute ein Rätsel, wie sie über viele Jahre etwas propagieren konnte, was sie täglich wissenschaftlich widerlegte. Am Ende löste sie den Zwiespalt zu Gunsten der Religion auf.

      Schützin schrieb:

      Du willst jetzt nicht wirklich sagen, daß Du das Titelbild tatsächlich für eine "versöhnliche Geste" hältst ?!
      Nachdem weltweit seit langem eben auch nichtradikale Moslems mehr als deutlich gemacht haben, daß sie lächerliche kleine Bildchen ihres Propheten als persönlichen Affront empfinden, soll ein ebensolches Bild jetzt versöhnen ?

      Wie muss denn ein Bild des Propheten aussehen, damit ein Moslem nicht auf die Barrikaden geht? Ich finde an der Darstellung nichts lächerlich. Zudem hat es ein Vorschreiber bereits erwähnt: Die meisten, die gegen die letzte Veröffentlichung auf die Straße gegangen sind, haben die Zeitschrift wahrscheinlich nie gesehen. Es ist dabei wieder bezeichnend, dass viele radikalen Muslime dabei gar nicht differenzieren, ja Frankreich und die ganze westliche Welt verteufeln, anstatt sich auf Charlie Hebro zu fokussieren. Allein das zeigt bereits, wie irrational und fremdgesteuert dieses Verhalten ist.

      Ich finde, man darf hier auch nicht die Rolle der Täter und Opfer vertauschen. Opfer ist die Redaktion von Charlie Hebro. Wenn nun das Opfer, dem unendliches Leid angetan wurde, einerseits zeigt, dass die Gewalt ihre Ziele nicht erreicht und dennoch versöhnliche Töne anschlägt, dann ist dies in meinen Augen durchaus eine richtige Reaktion. Aber natürlich wird auch dies von radikalen Gruppierungen ausgenutzt. Heißt das, dass alles, was von radikalen Gruppierungen als Sprungbrett genutzt werden kann, unterbleiben sollte? Dann hätte Meinungsfreiheit und Aufklärung in dieser Welt keine Chance mehr.
      „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Voltaire

      Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.
    • werv schrieb:

      Denn die schlimmsten radikalen Fundementalisten, sind die "Freidenker", die letzendlich
      allen andersdenkenden die Menschlichkeit und ihre freie Meinung absprechen, wenn sie von
      der eigenen Meinung nur ein bißchen abweicht. Diese Menschen merken nicht mal,
      wie Starr sie in Ihren Vorurteilen sind, wenn etwas nicht zu ihren Weltbild passt.

      Dazu passt die "Fatwa", die der Chefredakteur von Charlie Hebdo, gegen diejenigen Teile der westlichen Medien ausgesprochen hat, die sich seinem Willen nicht gebeugt haben, sein Titelblatt überall auf der Welt zu verbreiten.
      Er wirft ihnen vor, ein Symbol für Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit, für Demokratie und Säkularismus zu verweigern, ein Recht, das er nur Journalisten unter totalitären Regimen einräumen will.
      Für mich ist der Versuch zu diskreditieren, was jemand NICHT veröffentlicht, ein mind. ebenso schwerer Angriff auf die Pressefreiheit wie der Versuch einer Verhinderung von Veröffentlichungen.

      zeit.de/kultur/2015-01/charlie-hebdo-biard-medien-kritik

      Und selbstverständlich haben die deutschen "Qualitätsmedien" (um nur von diesen zu reden), die sich im vergangenen Jahr einer nie dagewesenen Welle der Kritik an ihrer Berichterstattung und "Deutungshoheit" (keineswegs nur von Seiten von "PEGIDA") gegenüber sahen, ein hohes Interesse daran, den Terrorakt, seine Motive und Folgen ausschließlich unter den Aspekten Religions- Presse- und Satirefreiheit zu behandeln. Damit hinter dem Mediengetöse die Themen Rassismus, wirtschaftliche Umverteilung, soziale Ausgrenzung und weltweite Ausbeutung möglichst verschwinden.

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      Wenn etwas einmal passiert, passiert es vielleicht nie wieder. Wenn etwas zweimal passiert, passiert es sicher auch ein drittes Mal
    • biguhu schrieb:

      Wie muss denn ein Bild des Propheten aussehen, damit ein Moslem nicht auf die Barrikaden geht? Ich finde an der Darstellung nichts lächerlich. Zudem hat es ein Vorschreiber bereits erwähnt: Die meisten, die gegen die letzte Veröffentlichung auf die Straße gegangen sind, haben die Zeitschrift wahrscheinlich nie gesehen.
      Wie oft muss man dir noch erklären, dass es im Islam ein GENERELLES Abbildungsverbot gibt! Warst du mal in Granada oder Cordoba? Wie viele Bildnisse des Propheten hast du da an den Wänden gesehen?
      Und dass sie die "Satire"zeitschrift vor dem Anschlag nicht gekannt hätten, diese Vermutung hab ich hier im Thread v.a. bezüglich der Pariser Demonstranten und derjenigen gelesen, die jetzt alle Charlie-Hebdo sein wollen.

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      Wenn etwas einmal passiert, passiert es vielleicht nie wieder. Wenn etwas zweimal passiert, passiert es sicher auch ein drittes Mal
    • karakorum666 schrieb:

      Wie oft muss man dir noch erklären, dass es im Islam ein GENERELLES Abbildungsverbot gibt!

      Na, na, warum so aggressiv? Wenn mir dies jemand so gesagt hätte, dann hätte ich ihm folgendermaßen geantwortet: Dieses generelle Abbildungsverbot ist im Islam selbst umstritten bzw. wird nicht konsequent angewandt, genauso wenig wie Katholiken alle dogmatischen Richtlinien ihrer Kirche umsetzen.

      Bis heute ist umstritten, ob es im Islam ein ausdrückliches Bilderverbot gibt oder nicht. Islamische Fundamentalisten behaupten das, doch mahnt der Koran selbst allenfalls zu einer gewissen Zurückhaltung. Gott hat Menschen und andere lebendige Wesen, so die Tiere, geschaffen, der Mensch vermag dies nicht, und wenn er sie darstellt, kann er ihnen nicht „Leben einhauchen“, sie nicht lebendig machen.

      faz.net/aktuell/politik/auslan…ot-im-islam-13357842.html

      Unter Muslimen bleibt das Verbot umstritten. Selbst in der islamischen Rechtswissenschaft gibt es unterschiedliche Auffassungen über die bildliche Darstellung von Lebewesen. Die Einhaltung des islamischen Bilderverbots setzte sich vor allem unter den Sunniten durch, die die Mehrheit der Muslime stellen. Jedoch existieren Ceylan zufolge zahlreiche Malereien und Darstellungen von Mohammed.

      noz.de/deutschland-welt/politi…ein-bilderverbot-im-islam

      Auch die muslimischen Gelehrten harmonisierten das Bilderverbot mit dem Bilderbedürfnis der Gläubigen. Zwar sind figürliche Darstellungen in der Moschee bis heute tabu. Im privaten Bereich aber blühte längst nicht nur die Kalligrafie, sondern auch die gegenständliche Malerei. Mohammed-Porträts gibt es in der muslimischen Kunst spätestens seit dem 13. Jahrhundert, und es gibt sie bis heute.

      Dass die Rechtstradition kein explizites Verbot von Prophetendarstellungen kennt, ist sogar unter Muslimen nicht jedem bewusst. 1997 gab es in Washington Streit um einen Fries im Gerichtssaal des Supreme Court Building, auf dem neben Karl dem Großen, Napoleon, Justinian und anderen Gesetzgebern auch Mohammed dargestellt ist (an der Nordwand).

      Ein muslimischer Verband in den USA fühlte sich verletzt und bestellte eine Fatwa, also ein Rechtsgutachten. Der zuständige Gelehrte Taha Jabir Al-Alwani kam unter Würdigung der gesamten Prophetentradition zu dem Ergebnis, die Darstellung sei kein Problem für den Islam. Sondern eine Ehre.

      welt.de/kultur/article13630233…d-Darstellungsverbot.html

      Bilder Mohammeds sind daher selten; sie finden sich hauptsächlich als Buchmalereien in persischen und ottomanischen Manuskripten. Bilder dieser Art traten zuerst ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im Reich der zum Islam übergetretenen mongolischen Ilchane auf. Mohammeds Nachtreise war ein besonders beliebtes Motiv. Anfänglich zeigten die Bilder eine Darstellung von Mohammeds Gesicht, oft von einem Heiligenschein oder einer flammenden Aureole umgeben; ab dem 16. Jahrhundert wurde dazu übergegangen, sein Gesicht aus Pietät hinter einem Schleier zu verbergen oder Mohammed nur als Flamme darzustellen. Die Buchmalereien waren nicht Teil des öffentlichen Lebens, sondern dienten der privaten Erbauung von Herrschern und wohlhabenden Patronen, die diese Bilder für sich anfertigen ließen. Im Iran findet man dagegen heute populäre Bilder von Mohammed, die als Postkarten oder Poster verkauft werden.

      de.wikipedia.org/wiki/Bilderverbot_im_Islam

      Also, bevor du mich hier so anblaffst, überlege doch mal, ob es nicht viel naheliegender ist, dass die radikalen Fundamentalisten die Situation anheizen, während die gemäßigten Muslime mit der Reaktion von Charlie Hebro durchaus leben können. Im Übrigen kannte das Christentum in seiner Geschichte selbst starke ikonklastische Tendenzen. Und es ist nicht weiter verwunderlich, dass sich in Cordoba und Granada schwerlich Darstellungen von Mohammed finden lassen, weil sie eben vor allem in der Buchmalerei verbreitet waren, womit wir wunderbar wieder den Bogen zu Charlie Hebro schlagen können.

      Hier einige Beispiele von Mohammed-Darstellungen: de.wikipedia.org/wiki/Mohammed
      „Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Voltaire

      Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.
    • Ja, es ist umstritten und längst nicht alle Muslime halten sich daran. Und es gibt tatsächlich Katholiken, die freitags Fleisch essen und nachts verhüten.

      Und was noch viel wichtiger ist und auch noch erwähnt werden soll: Religiöse Verbote gelten selbstverständlich immer nur für die Angehörigen der betreffendenden Religion, nicht für alle anderen.

      T
      rotzdem wäre deine Frage, über welche Art von Abbildung sich denn strenggläubige Muslime, und das ist in diesem Punkt offensichtlich die Mehrheit, wie man an den weltweiten Reaktionen sieht, nicht erregt hätten, vor dem Hintergrund dieser Information eine selbst beantwortende. Und darauf bezog sich mein Ärger.

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      Wenn etwas einmal passiert, passiert es vielleicht nie wieder. Wenn etwas zweimal passiert, passiert es sicher auch ein drittes Mal

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von karakorum666 ()

    • Es gibt Dinge, da finde ich Toleranz völlig angemesen, dazu gehört, dass im Islam Satire auf die Religion bezogen ein No go ist.
      Übrigens, ich fand den Film: Das Leben des Brian völlig daneben und ich bin ganz sicher keine erzkonservative Christin.
      Was ich völlig falsch finde: Dinge, die zu unserer Tradition gehören aus Feigheit oder political correctness (häufig das gleiche mit netteren Worten) zu ändern.
      Ein Weihnachtsmarkt bleibt ein Weihnachtsmarkt (allerdings sollte man nicht vergessen, auch das Christen und Judentum kommen aus dem Vorderen Orient), soviel zu unserer abendländischen Kultur, die sich eher aus Germanentum und Vielgötterei zusammensetzte.
      Wenn moslemische Kinder nicht an der Weihnachtsfeier teilnehmen wollen (was mich wundern würde, ich habe in 9 Jahren Mittlerem Osten nichts dergleichen erlebt) dann sollen sie in der Zeit eben etwas anderes tun, wo ist das Problem?
      Ich bin strikt gegen Sonderrechte für irgendwelche Religionen. Der einzige Grund, warum es immer wieder versucht wird ist, es gibt genug Politiker, denen einfach die Zivilcourage fehlt NEIN zu sagen.
      Zu Charlie, da finde ich den Artikel von heise, der auch in Richtung der Argumentation der schützin geht wirklich gelungen:

      heise.de/tp/artikel/43/43818/1.html

      Das wird man doch wohl noch zeichnen dürfen!
      Harald Neuber 10.01.2015
      Das Satireblatt Charlie Hebdo ist kein Vorbild für Meinungsfreiheit. Und die demonstrativ zur Schau gestellte Solidarität mit den toten Journalisten ist heuchlerisch
      Die blutige Attacke auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo könnte für Europa ein Fanal im Antiterrorkampf werden wie dies der 11. September 2001 für die USA ist. Darauf deuten sowohl die Brutalität des Überfalls hin, bei dem die Angreifer zehn Journalisten und zwei Polizisten ermordeten, als auch die Reaktionen in Frankreich und anderen EU-Mitgliedsstaaten. Frankreichs Präsident François Hollande sprach umgehend von einem Terrorangriff, europäische Amtskollegen verteidigten in ihren Kondolenzbotschaften "westliche Werte". Es ist müßig, festzustellen, dass keine Zeichnung und kein journalistischer Beitrag Mord rechtfertigt. Allerdings hilft der phrasenartige Sermon, der jetzt von Politik und Medien kommt, nicht weiter, um das Geschehen in allen Dimensionen zu erfassen.

      Es ist derzeit kaum möglich, eine notwendige Trennlinie zwischen der Solidarität mit den Opfern und ihren Familien auf der einen Seite sowie einer gebotenen kritischen Auseinandersetzung mit ihrer redaktionellen Arbeit andererseits zu ziehen. Hier ein Versuch.
      "Die Republik wurde angegriffen"

      Die Reaktionen nach dem Anschlag kamen reflexartig. Obwohl erst vage Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund vorlagen, waren die Eckpunkte schnell abgesteckt. Noch vor einer Kabinettssitzung am frühen Nachmittag ordnete Hollande das Geschehen als "barbarischen" Terroranschlag ein, um bei einer Rede an die Nation am Abend nachzulegen:

      Die gesamte Republik wurde angegriffen.

      Die Vorlage des Sozialisten wurde in anderen EU-Hauptstädten dankbar aufgegriffen. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einem "Angriff auf (...) ein Kernelement unserer freiheitlich-demokratischen Kultur". Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sah die "Meinungsfreiheit in unserer offenen Gesellschaft" beschädigt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier zeigte sich erschüttert über "frontalen Angriff auf unsere europäischen Werte und die Freiheit unserer Gesellschaften". Die Täter, heißt das, waren nicht Teil unserer Gesellschaft.
      Vorschnelle Reflexe, falsche Solidarität

      Der Rahmen, soweit die erste Feststellung, war damit vorgegeben: Sie, die Minderheit, gegen uns, die Mehrheit. Dieser aus den USA bekannte Terror- und Antiterrordiskurs beruht im Kern auf einem Konzept der Abgrenzung, das in der Doktrin "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" auch im Inneren wirkt.

      "Wenn die Mörder tatsächlich fanatische Islamisten gewesen sind, wieso geht dann fast niemand der kommentierenden Politiker und Medienvertreter davon aus, dass die Muslime ebenso empört über die Tat sind, wie alle anderen auch?", merkte das deutsche Institut für Medienverantwortung (IMV) am Tag nach der Tat an, um auf vorschnelle Urteile zu verweisen.

      So hieß es in einer Unterüberschrift der Berliner Zeitung, das Massaker von Paris sei "Rache für satirische Zeichnungen, in denen die Täter eine Verunglimpfung ihres Propheten sehen". Offenbar merke kaum einer der Journalisten, dass man Muslime "durch die Interpretationen und Forderungen, die jetzt ebenso vorschnell in den Raum geworfen werden", aus der Gesellschaft ausgliedere, so das IMV.

      Zweitens: Es wurde sofort ein massiver Druck aufgebaut, in Folge des Massakers in der Charlie-Hebdo-Redaktion auch die Publikation an sich und ihre Blattlinie zu verteidigen. Die mehrsprachig online gestellten Druckvorlagen der Losung "Je suis Charlie" (Ich bin Charlie) wurden weltweit von der Homepage der Zeitschrift heruntergeladen.

      "Nous sommes Charlie (Wir sind Charlie) war auf dem großflächigen Studiomonitor der Tagesthemen zu lesen, die Angestellten des Spiegel-Verlags stellten ein Gruppenfoto online, auf das sie Ausdrucke der Losung in die Kamera halten. Kai Gniffke, erster Chefredakteur von ARD-aktuell, kündigte unter diesem Eindruck gleich das in seinem Fall ohnehin angeschlagene journalistische Neutralitätsprinzip auf.
      Die Zensur ist die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition (Johann Nestroy)
    • Diesem errichteten Popanz zum Trotz müssen für die notwendige Debatte zwei Dinge festgehalten werden. Erstens: Die Mehrheit der Journalisten und Redaktionsleiter, die heute ein Din-A-4-Papier mit dem Aufdruck "Je suis Charlie" in die Kamera halten, hätten gestern noch eine Publikation von Karikaturen dieser Zeitschrift abgelehnt. Und dies, zweitens, zu Recht. Denn gerade die Islam-Karikaturen waren in mehr als einem Fall nichts weiter als rassistischer Schund.
      Freie Religionskritik - aber nicht bei Christen

      Doch zunächst zu der heuchlerischen Solidarisierung mit Charlie Hebdo. Wer angesichts des Massakers von Paris die Presse- und Meinungsfreiheit verteidigt, der sollte sich zuerst einmal fragen, ob die Publikation eines Großteils der Karikaturen auch in Deutschland möglich gewesen wäre. Tatsächlich gehört es zur Blattlinie von Charlie Hebdo, gerade auch religiöse Gruppen zu attackieren.

      Wenn also der WDR mit Blick nach Paris über einen "Anschlag auf die Freiheit" berichtet, vergisst man im katholischen Köln offenbar die eigene Zensur von Carolin Kebekus’ Musikvideo "Dunk dem Herrn" Mitte 2013. Wenn die Berliner Zeitung sich heute in Betroffenheitslyrik überschlägt und journalistisches Erstsemesterwissen über Bord wirft, dann vergessen ihre Macher offenbar, dass die WDR-Zensur der Kölner Kabarettistin von dem Blatt dereinst so kommentiert wurde:

      Der Skandal besteht nicht darin, dass der WDR dieses Video bearbeitet hat. Der Skandal besteht darin, dass der WDR Carolin Kebekus überhaupt eine Sendung gegeben hat.

      Gerade Deutschland hat eine lange Geschichte von Zensur und Zensurversuchen, wenn es um den satirischen Umgang mit - freilich christlicher - Religion geht. Die "Titanic"-Doppelseite mit einem Kruzifix unter der Überschrift "Ich war eine Dose" (1987) ist eines der bekannteren Beispiele.

      Und noch 2007 stellte das Familienministerium einen Verbotsantrag gegen ein religionskritisches Kinderbuch. Angesichts solcher und zahlreicher weiterer Fälle ist wohl klar, dass die "gouaille", die aggressive Spottlust von Charlie Hebdo, hierzulande keine Chance gehabt hätte.

      Es geht also offenbar nicht um die bedingungslose Verteidigung von Meinungsfreiheit - vor allem nicht aus dem christdemokratischen Lager -, sondern um den Ausdruck eines modernen Kulturkampfes, dessen diskursive Elemente von linken Karikaturisten und rechten Islamfeinden zugleich befördert werden können.
      Kompatibel mit dem Front National und Pegida

      Das führt zu der derzeitigen Schwierigkeit, sich kritisch mit dem weißen Mittelschichtsrassismus einer Publikation auseinanderzusetzen, deren Macher soeben Ziel eines Massakers geworden sind. Die Mohammed-Karikaturen, die 2011 schon einmal einen Brandanschlag auf die Redaktionsräume provoziert hatten, wurden von der Redaktion mit dem unbedingten Recht auf freie Meinungsäußerung verteidigt.

      Dieses Das-wird-man-ja-wohl-noch-sagen-dürfen-Prinzip aber eint absurderweise die linken Macher von Charlie Hebdo, die aus einer säkularen Religionskritik heraus agierten, und rechte Islamkritiker, die sich von rassistischen Motiven leiten lassen. Konkret: Anders als das geschriebene Wort kann das (satirische) Bild von der Intention losgelöst umgedeutet und mit anderen politischen Inhalten gekoppelt werden - wie dies der Kulturjournalist Jeet Heer anhand politischer Spottzeichnungen der vergangenen Jahrzehnte nachweist.

      Es ist daher nicht erstaunlich, dass die Islamkritik eines seinem Selbstverständnis nach linken Magazins auch rechten Anti-Islamisten in Frankreich (Front National), Deutschland (Pegida) oder Großbritannien Aufschwung verleiht. Gleiches trifft auf die politische Aufarbeitung der Bluttat von Paris zu, von der die genannten Rechtskräfte nun zu profitieren versuchen.

      Die Alternative? Empathie für alle Opfer der zunehmend gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen westlichen Staaten und der islamischen Welt - sowohl auf geopolitischer als auch auf nationaler Ebene. Eine Solidaritätskampagne mit den Opfern der US-amerikanischen Terrorjustiz in Guantánamo wäre ja mal ein Anfang.

      Denn während das deutsch-türkische Folteropfer Murat Kurnaz hierzulande bis heute stigmatisiert wird, hat Uruguays Ex-Präsident José Mujica sechs Männer aus dem US-Lager Guantánamo auf Kuba aufgenommen. Einfach so. Als "Gebot der Menschlichkeit", wie er sagte. Und während Abgeordnete der Linkspartei Anfang 2010 des Bundestags verwiesen wurden, weil sie die Namen der Opfer des Bundeswehr-Bombardements im nordafghanischen Kundus hochhielten, inszenieren sich derzeit Medienvertreter und Politiker mit der Parole "Je suis Charlie". Wie wäre es mit "Je suis aussi un Musulman"? Oder: "Je suis un immigrant?" Und das vielleicht in Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Hoyerwerda oder Solingen?
      Die Zensur ist die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition (Johann Nestroy)
    • Charlie Hebdo: Weiß, männlich, gebildet und sozial abgesichert

      Das führt zum "Rassismus" von Charlie Hebdo. Natürlich hat die Redaktion alle religiösen Gruppen und politischen Lager ins Visier genommen. Es ist aber nun mal ein Unterschied, ob man sich selber beleidigend, obszön und bar jeder Hemmschwelle karikiert oder die anderen; vor allem, wenn sie einer Minderheit angehören. Und natürlich hat die Beleidigung des Islams in Frankreich mit seiner ebenso großen wie sozial marginalisierten islamischen Migrantengemeinde eine immanent politische Subbotschaft.

      Dennoch haben die antiislamischen Zeichnungen ohne jede Zurückhaltung auf Provokation und Beleidigung gezielt und sich damit die mitnichten progressive Grundtendenz westlicher Karikaturisten zueigen gemacht. Wenn aber eine Redaktion aus weißen, männlichen, gut gebildeten und sozial abgesicherten Mitgliedern - sei es auch nur satirisch - auf soziale Minderheiten eindrischt, dann ist das kein Garant für künstlerischen Wert.

      Auch die aggressiven Reaktionen auf die bewusste Provokation in der Vergangenheit sind kein Prädikat "Besonders wertvoll". Und es kommt noch härter: Auch der kaltblütige Mord an zehn Redaktionsmitgliedern macht ihre Arbeit in diesem einen Aspekt nicht besser. Ein erheblicher Teil der antiislamischen Karikaturen waren rassistischer, sexistischer und menschenverachtender Schrott, der hierzulande zu Recht skandalisiert worden wäre.

      Titel Charlie Hebdo: Boko-Haram-Sexsklavinnen in Aufruhr: "Fasst unser Kindergeld nicht an!"

      Die zuletzt erschienene Islamkritik von Charlie Hebdo bestätigte damit, vor allem im politischen Kontext der erstarkenden Rechten in Frankreich und des wieder zunehmenden militärischen Interventionismus des Westens, die 1978 von Edward Said in seinem Werk Orientalismus formulierte Kritik an dem kolonialen Blick Europas auf den Orient und seine Menschen. Die rassistische Bildsprache der Darstellungen diene, so Said, in letzter Konsequenz der Legitimation der eigenen Herrschaft über den nahen Osten. Und, noch einmal: Das gilt geopolitisch ebenso wie gegenüber den als Fremdkörper betrachteten Migranten.

      Charlie Hebdo war 1970 aus dem deutlich linkeren Magazin Hara-Kiri hervorgegangen, das massive Kritik an der konservativen Nachkriegsgesellschaft Frankreichs übte und unter den Gaullisten zeitweise verboten war. In dieser Tradition der Kritik an Machverhältnissen im eigenen Land stand auch Charlie Hebdo als Nachfolgeblatt. Satire kann und muss natürlich auch andere Länder und Gesellschaften zum Thema machen.

      Gute Satire hinterfragt Probleme, spitzt sie zu und polarisiert. Schlechte Satire urteilt ab und spielt mit rassistischen Stereotypen. In diese Schiene ist Charlie Hebdo verfallen, wie nun auch die bedächtigeren Kollegen der Mordopfer anmerken.

      Diese Feststellung ändert nichts an der Trauer um die Opfer des Massakers in der Rue Nicolas Appert und an der Solidarität mit den Hinterbliebenen.



      Und deshalb stimme ich der schützin zu: je ne suis pas Charlie
      Die Zensur ist die jüngere von zwei schändlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition (Johann Nestroy)
    • Die Würde des Menschen ist unantastbar (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz).
      Die Pressefreiheit und die Freiheit der Kunst (Satire) steht in diesem Fall hinter dem Grundgesetz zurück.
      Verunglimpfung des Glaubens greift die Menschenwürde der Glaubensgemeinschaft oder eines Glaubenden an.
      Somit wird eines unserer höchsten Rechtsgüter massiv verletzt.
      Es ist meiner Meinung nach nicht notwendig, Wertigkeiten auszudiskutieren.
      Art. 1 Abs. 1 GG setzt alle anderen Rechtsregularien ausser Kraft, sobald dieser Artikel des GG mehr als tangiert wird.

      Selbst der Wahlspruch der Französischen Republik, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit wird von diesem Blatt mit Füssen getreten.

      LG
      Zentauer
      Der Beitrag wurde zu 100% aus recycelten Elektronen erstellt. Wer Schrebfeihler oder Dreckfuhler findet, darf sie behalten.
      Und wer meine Omma beleidigt, muss sie mitnehmen.

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