Urteil vom 18. März 2009 - Az. 10 O 250/08
Das LG Koblenz traf jüngst ein etwas überraschendes Urteil. Eine Auktion, bei der ein Porsche im Wert von 75000€ verkauft wurde, ist vom Verkäufer vorzeitig abgebrochen worden, so daß zunächst ein Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden über 5,50€ zustande kam. Da der VK sich weigerte den Kaufvertrag zu erfüllen, klagte der K auf Schadensersatz. Eine Irrtumsanfechtung seitens des VK erfolgte zunächst nicht und konnte daher auch nicht entlastend gewertet werden. Dennoch entschied das Gericht im vorliegenden Fall für den Verkäufer, das es eine Verletzung des Prinzips gegen Treu und Glauben nach §242 BGB sah.
Volltext des Urteils
In Zukunft werden solche Konstellationen also nicht pauschal zu beurteilen sein. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an. Unstreitig ist aber weiterhin, daß ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Die Schadensersatzansprüche, die sich daraus ableiten, bestehen zwar auch weiterhin, können aber im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen.
Das LG Koblenz traf jüngst ein etwas überraschendes Urteil. Eine Auktion, bei der ein Porsche im Wert von 75000€ verkauft wurde, ist vom Verkäufer vorzeitig abgebrochen worden, so daß zunächst ein Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden über 5,50€ zustande kam. Da der VK sich weigerte den Kaufvertrag zu erfüllen, klagte der K auf Schadensersatz. Eine Irrtumsanfechtung seitens des VK erfolgte zunächst nicht und konnte daher auch nicht entlastend gewertet werden. Dennoch entschied das Gericht im vorliegenden Fall für den Verkäufer, das es eine Verletzung des Prinzips gegen Treu und Glauben nach §242 BGB sah.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Beklagte ist dem Kläger aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verpflichtet.
Zwar ist vorliegend zwischen den Parteien ein wirksamer Kaufvertrag zu Stande gekommen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen Nichterfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrages (§§ 280 I, 281 I, II BGB) ist zwar entstanden, der Durchsetzbarkeit steht jedoch § 242 BGB entgegen.
[...]
Ein vertraglicher Anspruch des Klägers gegen den Beklagten aus Kaufvertrag i.V.m. § 433 I BGB auf Übergabe und Übereignung des PKW Marke Porsche ist demnach vorliegend entstanden. Diese Pflicht aus dem Kaufvertrag hat der Beklagte nicht erfüllt und ist demgegenüber dem Kläger grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 280, 281 Abs. I und II BGB).
Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist der Kaufvertrag auch nicht durch die vom Beklagten gem. § 143 I BGB erklärte Anfechtung von Anfang an nichtig, § 142 I BGB. Der Beklagte hat nicht hinreichend vorgetragen, dass und inwieweit er bei der Einstellung des Kfz einem nach §§ 119 ff. BGB relevanten Irrtum unterlegen war. Zudem verkennt der Beklagte, dass er auch im Falle einer wirksamen Anfechtung dem Kläger gem. § 122 BGB zum Schadensersatz verpflichtet wäre.
[...]
Der Durchsetzbarkeit des Schadensersatzanspruchs steht vorliegend jedoch der Einwand des aus § 242 BGB abgeleiteten Instituts des Rechtsmissbrauchs entgegen.
Nach § 242 BGB ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Hiernach hat unter anderem der Vertragspartner af die berechtigten Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen. Dieses Gebot gilt dabei nicht nur für den Schuldner, sondern auch für den Gläubiger. Bei der gesetzlichen Vorschrift des § 242 BGB handelt es sich jedoch nicht um eine allgemeine Billigkeitsnorm, die es dem Richter gestattet, sich über gesetzliche Wertungen hinwegzusetzen, um zu einem von ihm als gerecht empfundenes Ergebnis zu gelangen. Vielmehr ist die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden (vgl. Art. 20 III, 97 GG). Außerdem wäre bei einer Billigkeitsnorm eine Rechtssicherheit nicht mehr gewährleistet, weil eine richterliche Entscheidung nicht mehr voraussehbar wäre.
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Zwar obliegt das Risiko einer fehlerhaften Einstellung eines Verkaufsangebotes auf einer Auktionsseite grundsätzlich dem Verkäufer. Auch ist unbestritten, dass die Besonderheit von Internetauktionen die Unwiderruflichkeit der Vertragsangebote erfordert um zu vermeiden, dass der Bieter der Willkür des Verkäufers ausgesetzt ist. Des Weiteren hat der Verkäufer im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften die Möglichkeit der Anfechtung und ist dadurch auch bei der Teilnahme an Internetauktionen grundsätzlich hinreichend geschützt.
Eine Verurteilung zum Ersatz von Schadensersatz würde jedoch im vorliegenden Fall zu einer mit der Gerechtigkeit nicht vereinbarenden Benachteiligung des Beklagten führen.
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Zwar kann die Diskrepanz zwischen erreichtem Preis und dem Wert eines Artikels in einem von Angebot und Nachfrage regierten Markt grundsätzlich nicht dazu führen, dass die Durchsetzung eines „Schnäppchens“ als rechtsmissbräuchlich angesehen wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Verkäufer Artikel zur Versteigerung anbieten, für die es regelmäßig keinen Markt gibt. Dann kann die Nichterzielung des realen Wertes für einen Artikel nicht zum Nachteil des Bieters als rechtsmissbräuchlich ausgelegt werden (vlg. bei Veräußerung eines Rübenroders, OLG Köln, 08.12.2006). Sie liegt dann im Risikobereich des Verkäufers.
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Der Kläger würde bei Anerkennung einer Schadensersatzpflicht dafür belohnt, dass der Beklagte in Annahme der Zulässigkeit und der Gebotenheit einer unmittelbaren Behebung des von ihm fehlerhaft oder unvollständig verfassten Angebotsschnellstmöglich und noch vor Abgabe etwaiger Gebote versuchte, die Auktion abzubrechen.
Hätte der Beklagte trotz des von ihm erkannten Fehlers die Auktion nicht beendet, wäre nach Überzeugung des Gerichts einen Preis erzielt worden, der ein Vielfaches des Höchstgebots des Klägers ergeben hätte.
Der Kläger ist vorliegend auch nicht der Willkür des Beklagten ausgesetzt gewesen.
Der Beklagte hat versucht unmittelbar nach Einstellung des Artikels und vor Abgabe jeglichen Gebotes die Auktion zu beenden. Die Tatsache, dass das Ausfüllen des Formulars und die Übersendung an das Auktionshaus, sowie die Bearbeitung durch die eBay insgesamt 8 Minuten in Anspruch nahm führen nicht dazu, dass dem Kläger hier willkürlich die Möglichkeit entzogen wurde, einen Porsche Carrera für 5,50 Euro zu erwerben. Diese Chance bestand von vornherein nicht.
Im Rahmen dieser Abwägung ist die Schadensersatzklage des Klägers als rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 242 BGB anzusehen, mit der Folge, dass der Kläger den ihm zustehenden Schadensersatzanspruch nicht durchsetzen kann.
Die Klage war daher abzuweisen.
Volltext des Urteils
In Zukunft werden solche Konstellationen also nicht pauschal zu beurteilen sein. Es kommt vielmehr auf den Einzelfall an. Unstreitig ist aber weiterhin, daß ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Die Schadensersatzansprüche, die sich daraus ableiten, bestehen zwar auch weiterhin, können aber im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen.
„Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Voltaire
Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.
Der Horizont mancher Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - das nennen sie dann ihren Standpunkt.