Gericht erkennt wenig glaubhaften Vortrag der Euroweb Internet GmbH

Nachdem die 3. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf bereits in der öffentlichen Sitzung vom 16.11.2011  darauf hinwies, dass es die Klage der Euroweb Internet GmbH gegen ein “Referenzunternehmen” für unschlüssig hält und dies auch an einer bereits radierten Rechtssprechung im Bezirk des OLG Düsseldorf festmacht,  folgte nun das, jedenfalls in seiner Deutlichkeit überraschende Urteil in dieser Angelegenheit.

Fazit:

Die Euroweb-Group unterliegt in einem weiteren Verfahren und hat die Kosten des Rechtsstreites zu tragen, sollte das Urteil in Rechtskraft erwachsen. Es besteht insofern kein Anspruch auf Zahlung eines Entgeldes, da die Klage per se nicht begründet ist.

Hintergründe:

Ein Internet-System-Vertrag mit der Firma Euroweb Internet GmbH wurde geschlossen, ein weiterer “Referenzkunde” aquiriert und ein Vertrag nach (mittlerweile wohl) bekanntem Schema erstellt. Diesmal sind 140 € zzgl MwSt pro Monat, selbstverständlich Jährlich im Voraus, zu zahlen – und auch die 199 € Anschlussgebühren werden in Rechnung gestellt. Die Unterschrift des “Partnerunternehmers” erfolgte im eher kurzen Monat Februar am 25. und bereits am 01.März.2010, direkt nach dem Wochenende, ließ der soeben gewonnene “Referenzkunde” Widerruf, Anfechtung und Kündigung des Vertrages erklären. Im folgenden Rechtsstreit trägt die Rechtsanwaltskanzlei Berger im Auftrag ihrer Mandantin zunächst folgenden Sachverhalt zu den Kalkulationen vor:

1) Beginn des Vertragsverhältnisses
Vertriebskosten 1 x 1812,19 1812,19
EDV-Erfassung 1 x 169,17 169,17
Domainrecherche/-einrichtung usw. 1 x 140,37 140,37
2) Erstellung der Webseite
Webtermin 1 x 276,47 276,47
Erstellung der Webseite 1 x 1367,12 1367,12
3) Laufende Kosten
Service Center 48 x 3,88 186,24
Support, Pflege, Hosting 48 x 5,32 255,36
Aktualisierungsservice 48 x 18,72 898,56

Nach Abzug der ersparten Kosten bleiben, sofern ich richtig gerechnet habe, laut Euroweb-Kalkulation 3794,88 Euro zu zahlen.

Wie in einigen anderen Verfahren auch wird durch die Kanzlei Berger plötzlich eine neue Abrechnung (angeblich) auf Basis des § 649 Satz 2 BGB vorgelegt und ein Betrag von 6570,05 Euro, zzgl MwSt. verlangt. Die Argumente dürften schon hinlänglich bekannt sein; erspart werden Fahrtkosten des Medienberaters, Porto für Rechnungen, Kleinmaterial und die Domainregistrierung, folglich 348,95 Euro.

Nicht nur ich erkenne hier einen eklatanten Widerspruch und habe Bedenken ob des Wahrheitsgehaltes des Vortrages. Auch die 3. Kammer für Handelssachen des LG Düsseldorf findet in ihrer Entscheidungsbegründung zum Urteil 33 O 73/11 deutliche Worte:

“Die seitens der Klägerin nunmehr dargelegten Kalkulationen stehen in einem deutlichen Widerspruch zu ihrem früheren Sachvortrag. Dies begründet erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihres neuen Sachvortrages.”

Daneben stellt das Gericht auch fest, dass der neue Vortrag und die neue Abrechnung der Klägerin nicht den Anforderungen der Rechtssprechung des BGH nach § 649 Satz 2 BGB genügt, da u.a. auch eine Mitteilung der kalkulatorischen Grundlagen in der Abrechnung fehlt.

Wie es vermutlich von einer Kammer für Handelssachen erwartet werden darf, werden auch die betriebswirtschaftlichen Hintergründe des Sachvortrages der Firma Euroweb kritisch hinterfragt und für wenig glaubhaft gehalten. Gerade die “dargestellten Personalkosten, unabhängig davon, ob nun ein Vertragsschluss erfolgt oder nicht, sind bereits betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbar.” [.....] Für ein betriebswirtschaftlich orientiertes Unternehmen ist es aber ausgeschlossen, dass die Klägerin einen Personalstand vorhält, der es ihr ermöglicht, kostendeckend zu arbeiten, selbst wenn überhaupt kein Vertrag abgeschlossen bzw. – was bei der Klägerin wohl häufiger vorzukommen scheint- Verträge widerrufen werden oder ob tatsächlich mehrere hundert Verträge in einem Monat zu erfüllen sind. Dies bedeutet, die Klägerin muß mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem flexiblen Personalkontingent oder sogar mit freien Mitarbeitern arbeiten.”

 

 

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3 Antworten auf Gericht erkennt wenig glaubhaften Vortrag der Euroweb Internet GmbH

  1. LeBoche sagt:

    Sehr schön; leider hört man vom 5. Senat des OLG Düsseldorf etwas anderes; Wie man einem Hinweisbeschluss im Verfahren I-5 U 534/11 (Berufung zu LG Düsseldorf, 15 O 182/10) entnehmen kann, hat der Senat wenig Probleme mit der Schlüssigkeit der Abrechnung von Euroweb :-(

  2. Thorsten Romaker sagt:

    Wie ich hörte hat auch der 5. Senat des OLG Düsseldorf nicht unerhebliche Probleme mit dem Kalkulationsvortrag der Euroweb Internet GmbH, meint wohl allerdings mit genügend Hinweisbeschlüssen einen ausreichenden Vortrag generieren zu können. Man sehe sich die Internetseite der Kanzlei Berger an, achte hier explizit auf Ausführungen, wie die 5. Kammer des Zivilsenates zukünftig entscheiden werde und bilde sich ein Urteil.
    Da laut Geschäftsverteilungsplan des OLG Düsseldorf keineswegs der 5. Senat für Entscheidungen in Sachen Euroweb gegen Partnerunternehmen besonders prädestiniert erscheint, dies aber auf der Internetseite der Rechtsanwaltskanzlei Berger proklamiert wird stellt sich doch die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Behauptung.
    Diese ergibt sich in meinen Augen nur dann, wenn die Rechtsanwaltskanzlei Berger (diesmal LLP), wie bereits in Hoyerswerda geschehen, einen Befangenheitsantrag gegen eine andere Kammer beantragt, die nicht im Sinne von Euroweb entscheidet.
    Auch über diesen Aspekt Düsseldorfer-Rechtsprechung wird es noch zu berichten geben- ich bin dran!

  3. RA Bartscht sagt:

    Vielen Dank, Herr Romaker, dass Sie das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom
    5. Dezember 2011, 13 O 317/10 in Ihre Urteilsliste aufgenommen haben.

    Das Landgericht hielt es in diesem Fall sinngemäß für geboten, im Rahmen der Abrechnung nach § 649 BGB auch ersparte Aufwendungen zu berücksichtigen, die sich daraus ergeben sollen, dass die maßgeblichen Leistungen aus einem für den Referenzkunden reservierte Budget aktiv subventioniert würden. Das mangels Leistungen vor Kündigung nicht verbrauchte Budget stünde nun für die Subventionierung anderer Verträge zur Verfügung und sei deshalb als ersparte Aufwendung zu berücksichtigen.

    Die Klägerin hatte trotz gerichtlicher Hinweise nicht zu dem von ihr behaupteten Budget konkret vorgetragen und es insbesondere nicht beziffert. Die gerichtlich festgestellte Unschlüssigkeit der Klage gründet sich also allein auf dem Vortrag der Klägerin.

    Ob es so ein behauptetes Budget, mit dem tatsächlich vertragliche Leistungen aktiv subventioniert wurden überhaupt gegeben hat, wurde vom Landgericht deshalb ebensowenig geklärt , wie die Frage, ob seitens der Klägerin arglistig getäuscht wurde.

    Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.